Musik an sich


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Ein besonderes Hardrock-Schmankerl auf Tour: Tyketto




Info
Künstler: Tyketto

Zeit: 28.11.2014

Ort: Nürnberg - Rockfabrik

Internet:
https://www.facebook.com/pages/Tyketto-The-Official/272013509510636

Tyketto sind für mich eine der besten Melodic-Hardrock-Bands, die es gibt. Die beiden Alben Don’t Come Easy und Strenght By Numbers sind Meilensteine des Genres, die vor tollen Songs förmlich überquellen. Mich hat es fast aus den Latschen gehauen, als ich gelesen habe, dass die Band in der Rockfabrik Nürnberg spielen sollte. Seit ca. zwei Wochen schaue ich täglich auf die Homepage der Rofa und hab eigentlich mit einer Absage gerechnet. Aber nein: Die Band tritt tatsächlich auf! In der Rofa finden an dem Abend zwei Veranstaltungen statt. Tyketto und eine sogenannte „Deutschrocknacht“. Der Parkplatz ist daher rappelvoll, wobei sich die meisten der Besucher auf der Deutschrocknacht tummeln. Tyketto spielen in dem kleineren Nebenraum, der als ich eintreffe schon sehr gut gefüllt ist.

Die erste Vorband TRI STATE CORNER. Kopf der Band sind zwei griechische Musiker, die ihre musikalischen Einflüsse in die Musik eingearbeitet haben. Das klingt erst ein bisschen gewöhnungsbedürftig, gefällt mir jedoch nach ein paar Songs recht gut. Gitarrist Janni, der Bruder des Sängers spielt auf einer Bouzouki, einem klassischen griechischen Instrument. Er entlockt dem Instrument während der Solos ein paar tolle Läufe. Das Ganze klingt sehr orientalisch und originell. Die Band spielt überaus motiviert und Frontmann Lucky spornt das Publikum zum Mitmachen an. Das klappt nicht immer, wirkt jedoch aufgrund seiner Spontaneität und Unverkrampftheit recht authentisch. Mittlerweile hat die Band vier Alben am Start und war vor kurzem zusammen mit Axxis unterwegs. Ich fand den Auftritt klasse. Die Musik ist mal etwas anderes und hebt sich wohltuend von so manchem Einheitsbrei ab.

Als nächste Band sind die Schweizer CRYSTAL BALL am Start. Die Band ist mit dem aktuellen Album Dawnbreaker am Start, das 2013 veröffentlicht wurde. Die beiden Ur-Mitglieder Marcel Sardella und Scott Leach haben sich mit dem Hannoveraner Sänger Steven Mageney verstärkt, der auch den aktuellen Longplayer eingesungen hat. Die Truppe agiert äußerst routiniert und abgezockt. Im Gegensatz zur vorigen Band ist das jedoch genau das, was mich ein bisschen stört. Steven Mageney hat ein Stage-Acting, das mir ziemlich einstudiert und aufgesetzt vorkommt. Gesanglich kann man ihm keinen Vorwurf machen. Die Stimme sitzt, die restlichen Instrumente sind auch sehr gut abgemischt und die Band zockt ihre Songs absolut präzise herunter. Vor allem Scott Leach spielt eine tolle Lead-Gitarre und veredelt die Songs mit einigen feinen Solos. Wahre Begeisterung kommt jedoch nicht auf beim Nürnberger Publikum. Ich finde die Songs auch etwas eintönig und die Performance reißt mich nicht vom Hocker. Insgesamt ein solider Gig, bei dem zumindest mir das Überraschungsmoment etwas gefehlt hat.

Nun kommt das Highlight des Abends - der Hauptgrund, warum die meisten Fans heute da sein dürften. TYKETTO entern die Nürnberger Bühne unter einem riesigen Beifall des Publikums. Danny Vaughn scheint um keinen Tag gealtert und versprüht von Beginn an eine Energie und Spielfreude, die das Publikum und seine Bandkollegen ansteckt. Der Opener „Dig In Deep“ ist gut gewählt und kommt bei den Fans durchaus an. Von den alten CD-Covern ist mir nur noch Schlagzeuger Michael Clayton bekannt, der wie ein Irrer über sein Arbeitsgerät hinwegfegt, teilweise einen total entrückten Eindruck macht und dann wieder die kompletten Songs Zeile für Zeile mitsingt. Nebenbei übernimmt er noch Teile der Background-Vocals. Der Typ lebt und atmet für die Musik und für seine Band Tyketto. Allein ihm bei dem Auftritt zu beobachten macht Spaß.

Danny Vauhn nimmt sofort Kontakt zum Publikum auf und freut sich, dass er wieder mal in Deutschland auftritt. Die Songs des Debüt-Albums sind an dem Abend erwartungsgemäß häufig vertreten und bereits beim zweiten Song „Lay Your Body Down“ beweisen die Nürnberger ihre stimmlichen Qualitäten. Ich finde es schön, dass sich die Songs des neuen Albums sehr gut in den Klassikerreigen einfügen. Ein Highlight des Abends ist für mich ganz klar „Faithless“. Überhaupt ist das Publikum eine Bank und macht den Auftritt zum Triumphzug. Wenn bei „Burning Down Inside“ sämtliche Leute mitsingen, ist das schon etwas ganz Besonderes - der Gig macht mächtig viel Spaß.

Danny Vaughn erzählt bei manchen Songs eine kleine Geschichte oder Begebenheit aus der Vergangenheit der Band. „Ain’t That Love“ stellt er als seinen Steve-Marriot-Song vor - und die Band rockt ganz in dieser Tradition. Vaughn strapaziert seine Stimmbänder hier schon ein bisschen über Gebühr, kann danach aber trotzdem ohne Probleme weiter singen. Dass er dabei eine so überzeugende Blues-Harp spielt wusste ich bis dahin auch nicht. Hammer! „Sound Off“ handelt von Leuten die Musik machen und es eigentlich nicht können - bzw. von diversen Plattenfirmen über Gebühr gehypt werden. Vaughn redet sich hier fast ein bisschen in Rage, wobei er natürlich recht hat. Die Balladenfraktion kommt an diesem Abend natürlich auch nicht zu kurz und so wird mit „Standing Alone“ ein absolutes Highlight präsentiert. Hier singt die ganze Bude lauthals mit und sorgt für Gänsehautatmosphäre.

Die Band spielt wie aus einem Guss. Gitarrist Brooke St. James holt alles aus seiner Gitarre heraus und spielt trotzdem sehr mannschaftsdienlich. Am Bass haben sie durch den Thunder-Bassisten Chris Childs einen ruhigen, aber überaus routinierten Vertreter seiner Zunft mit an Bord geholt. Er sorgt zusammen mit Michael Clayton für einen Wahnsinngroove, der den Songs sichtlich gut tut. Keyboarder Bobby Lynch ist für mich ein Tausendsassa. Überaus engagiert singt er bei jedem Song mit und lockert mit seinem Tasten-Input die Lieder angenehm auf. Eitelkeiten oder Animositäten scheint es nicht zu geben. So darf Vaughn sogar einen Song seines Solo-Albums präsentieren, der von seinen Kollegen genauso engagiert gespielt wird wie das restliche Material. Vaughn stellt alle Musiker dem Publikum vor - nur er selbst stellt sich nicht vor und bekommt keinen Szenenapplaus.

„The Last Sunset“ lässt das Nürnberger Publikum noch einmal kollektiv mitsingen und eine gewisse Lagerfeuer-Atmosphäre stellt sich ein. Den Abschluss bildet der Überklassiker „Forever Young“, der von der kompletten Band und den Fans enthusiastisch abgefeiert wird. Tyketto werden unter großem Jubel des Rofa-Publikums verabschiedet. Sichtlich gerührt verlassen die Musiker nach 100 Minuten die Bühne. Ich und bestimmt noch ein großer Teil des Publikums hätte noch wesentlich länger zuhören können. Das Konzert war abwechslungsreich, musikalisch vom Allerfeinsten und sicherlich eine absolute Seltenheit. Vor allem wenn man bedenkt, dass der letzte Auftritt ca. 20 Jahre her ist. Vaughn kündigt an, in nächster Zeit wieder nach Deutschland zu kommen. Bleibt zu hoffen, dass er das Versprechen einlöst!

Setlist Tyketto:
Dig in Deep
Lay Your Body Down
Faithless
Burning Down Inside
Strength in Numbers
Wings
Ain’t that love
End of the Summer Days
Rescue Me
Sound Off
Haunted
Seasons
Standing Alone
Sail Away
---
The Last Sunset
Forever Young



Stefan Graßl



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