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Info
Zeit: 02.11.2010
Ort: Nürnberg - Hirsch
Besucher: ca. 300
Internet:
http://www.annihilatormetal.com
http://www.myspace.com/annihilatorofficial
http://www.facebook.com/pages/Annihilator/9614139730
2010 ist ein sehr gutes Jahr für Jeff Waters und seine ANNIHILATOR. Sein aktuelles, selbst betiteltes Album Annihilator, welches die Band mal wieder erstarkt zeigt, sorgte für einiges an Rauschen im Blätterwald und auch die Fans standen wieder hinter dem Meistergitarristen. Das erste Mal seit vielen Jahren wagt sich die mittlerweile als Quartett agierende Gruppe wieder als Headliner auf die Straße. Dabei waren die Klubs jetzt auch wieder ziemlich gut gefüllt, wenn man es mit der letzten großen Rundreise zu Waking the fury vergleicht, als sich die Zuschauerzahlen eher im zweistelligen Bereich bewegten und man beim starken Livealbum Double live annihilation sogar das Publikum lauter drehen musste, um es überhaupt zu hören. Doch diese Zeit scheint momentan vorbei zu sein. Die Aussicht auf einen heftigen Metalabend lockte gleich mehre Schreiberlinge aus der MAS-Redaktion in die Konzerthallen. Nach Norbert von Fransecky (Berlin) stürzte sich auch Mario Karl ins Vergnügen und berichtet vom ANNIHILATOR-Auftritt in Nürnberg.
Es war ein Dienstag im November und dementsprechend ziemlich frisch in der Frankenmetropole. Aber an diesem Abend sollten gleich drei Knüppelbands dafür sorgen, dass einem das Blut in Wallung gerät. Zum einen durfte die noch recht junge norwegische Band SVÖLK lärmen, für die es eine besondere Chance war. Schließlich hatte man zwar ein Album mit im Gepäck, allerdings nur eine selbst finanzierte Eigenproduktion. Zu hören gab es recht gewöhnlichen Thrash Metal, der als Aufwärmer taugte - allerdings nicht viel mehr. Goutiert wurde das Ganze mit Höflichkeitsapplaus.
Als nächste waren (wie auch in Berlin) SWORN AMONGST an der Reihe. Die Briten gibt es schon ein paar Jahre länger und dementsprechend souveräner präsentierten sie sich. Aber auch hier gab es zwar heftige, aber dann doch recht gewöhnliche Thrash-Stangenware, die zwar höllisch groovt und auch ein wenig ins Todeslager schielt, dafür aber auf Dauer relativ eintönig daher kommt. Trotzdem war die Band als Aufwärmer recht o.k. Dem T-Shirt-Verkauf nach zu urteilen hatten sie auch ein paar neue Fans gefunden. Soll uns recht sein.
Dave Padden |
Aber am Ende warteten dann doch alle auf die Hauptattraktion. Und alle, das waren an diesem Abend erstaunlich viel junge Metalfans, die einmal die Kanadier bewundern wollten. Der Name ANNIHILATOR schafft es also immer noch, den Nachwuchs in die Säle zu locken. Und das hoffentlich nicht nur in der Erwartung einen Oldie-Act zu sehen. Denn das war das Ganze an diesem Tag definitiv nicht! Denn egal ob die gespielten Songs aus 1989, 1997 oder 2010 waren, noch immer klangen alle erstaunlich frisch und unverbraucht. Und das ist etwas, was man nicht von allen Bands heute behaupten kann. Vielleicht lag das aber auch an der grandiosen Spielfreude der Protagonisten. Allen voran natürlich Jeff Waters, der noch immer wie ein Jungspund über die Bühne hüpfte und mit seliger Leichtigkeit auch die schwierigsten Läufe und Soli aus seiner Annihilation V kitzelte, dabei die wildesten Grimassen schnitt und auch noch die Hände der Fans in den ersten Reihen abklatschte. Der Mann ist einfach ein Phänomen, das steht fest. Er ist sich durchaus bewusst, dass er zu den besten Gitarristen der Welt gehört, die regelmäßig für offene Münder sorgen. Doch das lässt er keinesfalls raushängen, sondern begibt sich stets auf Augenhöhe mit seinem Publikum.
Doch ganz ohne seine Hintermannschaft könnte er es natürlich auch nicht. Neu mit im Boot sind der kleine Bassist Alberto Campuzano und der südamerikanische Schlagzeuger Carlos Cantatore. Speziell dieser pusht die Band verdammt nach vorne und verlieh auch den alten Klamotten richtig Drive. Und da wäre dann natürlich auch noch Jeffs mittlerweile gleich berechtigter Sänger und Rhythmus-Gitarrist Dave Padden. Zwar wirkt er auch noch heute noch recht zurückhaltend, aber lange nicht mehr so schüchtern wie auf seiner ersten Rundreise anno 2003. Mittlerweile scheint er seinen Platz in der Band gefunden zu haben. Doch der Chef im Ring ist natürlich eindeutig Jeff Waters. Er teilt sich nicht nur den Gesang mit Dave (er singt die Songs, welche er auch auf Platte sang), sondern gibt auch sonst den Frontmann.
Über 100 Minuten standen Annihilator bei bestem, fast zu lautem Sound auf der Bühne und packten so manches fast vergessene Schmankerl aus. Der Start mit den neueren Songs „Ambush“, „Clown parade“ und „Plasma zombies“ war brachial und schüttelte die Fans ordentlich durch, was für begeisterte Gesichter sorgte. Aber so richtig los ging es dann mit dem alten Hit „King of the kill“. Nach diesem Kracher gab es in Nürnberg kein Halten mehr. Sogar ein erster (kleiner) Moshpit wurde gesichtet. Aber im Gegensatz zu einer Band wie Exodus, war dieser (ähnlich wie bei Overkill) nur mit positiven Aggressionen gefüllt. „Good friendly violent fun“ eben - aber unironisch gemeint. Dazu trägt auch der eine oder andere lockere Spruch des Kanadiers bei, der sich die ganze Zeit an seiner Gitarre eins abgrinst. Lediglich bei „The box“ kehrt er die ganze Frustration des Songtextes voll nach außen. Danach gab es mit der grandiosen Halballade „Hell is a war“ eine erste richtige Überraschung. Damit hätte wohl niemand gerechnet. Ebenso wenig damit, dass mitten im Set drei Barhocker auf die Bühne gestellt werden und die drei Saitenzupfer ein Balladenmedley aus „Phoenix rising“ und „Sounds good to me“ zum Besten geben. Und das kann getrost als grandios bezeichnet werden. Nicht nur Dave und Bassist Alberto harmonierten stimmlich dazu prächtig, sondern auch das Publikum klang gut im Intonieren der Refrains. Gänsehautalarm, sage ich bloß! Von wegen, harte Jungs mögen keine emotionalen Songs.
Jeff Waters |
Nach weiteren selten gehörten Granaten wie „Tricks and traps“ und „21“ war dann auch leider schon fast der Schluss dieses bärenstarken und äußerst kurzweiligen Auftritts gekommen. „Crystal Ann/Alison hell“ (was auch sonst?) sollte einen stimmungsgewaltigen Schlusspunkt unter das Konzert setzen. Eine Zugabe, die in Wirklichkeit eh keine ist, sollte nicht folgen (was an sich schon einmal sympathisch ist!). Doch da hatte Jeff Waters die Rechnung ohne das Nürnberger Publikum gemacht. Minutenlang wurde gejohlt und geschrien, so dass man sich erweichen ließ und spontan doch noch eine Nummer nachschob. Es sollte das höllisch groovende „Time bomb“ sein. Offensichtlich war das wirklich spontan. Denn mehr Nummern hatte man (nach eigenem Bekunden) nicht im Gepäck und selbst dieser Song wurde schon länger nicht mehr gespielt. Denn er haute nicht auf Anhieb hin. Aber das interessierte in dem Moment niemand. Man freute sich einfach, noch einmal ein Zuckerchen geboten zu bekommen.
Aber dann war auch endgültig Schluss. Unzufrieden dürfte wohl niemand nach Hause gegangen sein. Hätte es Annihilator nicht ständig gegeben, könnte man fast von einem glorreichen Comeback sprechen. Denn der plakative Ausspruch „stärker denn je“ wäre das richtige Motto für diese Tour gewesen. Hoffentlich bald mehr davon!
Setlist:
Ambush
Clown Parade
Plasma Zombies
King Of The Kill
Betrayed
The Box
Hell Is A War
Ultra-Motion
Set The World On Fire
W.T.Y.D.
The Trend
The Fun Palace
Tricks And Traps
Medley: Phoenix Rising/Sounds Good To Me
21
Phantasmagoria
Crystal Ann
Alison Hell
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Time Bomb
Annihilator können es auch ruhig |
Mario Karl
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