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Artikel

THE DEVIL’S BLOOD - Geordnete Kunst aus chaotischer Inspiration

Info

Gesprächspartner: The Devil's Blood (Selim Lemouchi)

Zeit: 01.09.2009

Stil: Occult Hard Rock

Internet:
http://www.myspace.com/thedevilsblood

Im letzten Jahr tauchte die Band THE DEVIL’S BLOOD quasi aus dem Nichts auf und entwickelte sich binnen kürzester Zeit zum größten Szenehype der letzten Jahre. Mancherorts wurde getan, als sei ihre (zweifelsohne ziemlich gute) Debüt-EP „Come, reap“ das beste seit der Erfindung des geschnittenen Brots. Trotz dieses ganzen Trubels war es anfangs nicht so einfach etwas über die Gruppe herauszufinden. Die Musiker hielten sich meist verdeckt im Hintergrund und gaben ihre Namen und Gesichter nicht preis. Als Kopf, Gitarrist, Song- und Textschreiber entpuppte sich Selim Lemouchi, ehemaliger Gitarrist der NWOBHM beeinflussten Powervice. Am Mikrofon steht seine Schwester Farida. Über den Rest von THE DEVIL’S BLOOD ist nichts bekannt.
Wer jetzt meint ihre Reputation hätte was damit zu tun, dass sie der Welt etwas Außergewöhnliches und Neues präsentiert haben, der irrt. THE DEVIL’S BLOOD gehen musikalisch sogar einen recht großen Schritt zurück und entwickelten aus dem Psychedelic Rock der 60er und 70er, einem Hauch von Blues und Classic Rock, sowie Gitarrensoli, die ihre Wurzeln in der New Wave of British Heavy Metal haben, ihren ganz eigenen Cocktail. Dieser klingt aufgrund der Tatsache, dass einen solchen Sound heutzutage fast niemand mehr spielt, recht originell und frisch. Aber das ist bei dieser Band nur die halbe Miete und erklärt noch nicht, dass selbst die nordische Black Metal-Elite die Band groß abfeiert. Zum Beispiel erwähnte Darkthrones Fenriz den Bandnamen ständig wo es nur ging und Watains Erik Danielsson schrieb den Text zum Lied „The yonder beckons“.
Viel mehr tragen THE DEVIL’S BLOOD eine okkulte Spiritualität (das negativ besetzte Wort Satanismus wird bewusst nicht erwähnt) nach außen, welche auf der einen Seite fasziniert und dann doch wieder etwas abschreckt. Der Bund zur dunklen Seite wirkt aber trotz allem ehrlich und tief in der Persönlichkeit verwurzelt. Dass die Band dabei noch ganz hervorragende Musik schreibt, wird für diese Kreise dann fast zur Nebensache. Die Lieder strotzen nur so von Seele und purer Leidenschaft. Etwas das man heutzutage nicht mehr allzu oft hört. Mit ihrem vollen Debütalbum The time of no time evermore ist der Band ein sehr gutes und intensives Werk gelungen. Ob es wirklich mal ein Klassiker werden wird und es dem erzeugten Hype gerecht wird, ist zwar fraglich, ist während des Hörens aber nicht von Bedeutung. MAS nutzte die Gelegenheit um mit Selim Lemouchi über seine Band und das was dahinter steckt zu sprechen. Er entpuppte sich vielleicht nicht gerade als einfacher, dafür aber als freundlicher Gesprächspartner, der gerne etwas Licht ins Dunkel des Phänomens THE DEVIL’S BLOOD brachte.



Guten Tag Selim! Wie fühlst Du Dich jetzt, nachdem The time of no time evermore veröffentlicht wurde und es sich jeder anhören kann?

Erleichtert, froh und leer. Das Album war lange in der Mache und es bedeutet mir so viel, dass ich natürlich ganz heiß darauf bin, es endlich in den Händen halten und es auf dem Altar platzieren zu können. Aber ein Teil von mir fühlt auch eine große Leere, da es fertig ist. Denn was kommt da als nächstes? Was, wenn überhaupt, werde ich als nächstes machen und was wird es sein?

War die Aufnahme Deines ersten vollen Albums eine mühevolle Erfahrung?

Es war natürlich eine sehr intensive Erfahrung. Es war eine ziemlich schwere Arbeit. Aber ich habe diese Arbeit sehr genossen. Wir haben uns 40 Tage lang unsere Ärsche abgearbeitet um dieses Album so werden zu lassen, wie es ist. Und für mich ist es von jedem Aspekt her perfekt.

Eure EP Come, reap war auf ihre Art ziemlich erfolgreich und ihr bekamt sehr viel Lob dafür. Lastet da kein großer Druck auf den Schultern, mit der nächsten Veröffentlichung nachziehen zu können?

Nein, auf keinen Fall. Ich bin ziemlich selbstsicher in dem was und wie ich es machen will. Das war von Anfang an so und es interessiert mich einen Scheiß, wie es angesehen und aufgenommen wird. Erfolg ist immer relativ. Für mich ist Erfolg, dazu in der Lage zu sein das zu machen, was und wie man es will. In dieser Hinsicht sind wir erfolgreich und ob sich das in steigenden Albumverkäufen niederschlägt oder nicht, ist nicht wichtig für uns. Um sich darüber Sorgen zu machen, dafür ist die Plattenfirma zuständig, denke ich.

Wart ihr nicht überrascht über den Hype, welcher in den letzten Monaten um euch veranstaltet wurde und könnte diese hohe Szenereputation eine Auswirkung auf die Musik gehabt haben?

Ja, ich war sehr überrascht. Aber das ändert natürlich nichts daran, was wir tun. Es kann nicht. Wir sind keine Band, die dafür schreibt in den Charts, oder etwas ähnlich Eitles wie das, zu sein. Ich schreibe Musik als Möglichkeit um den satanischen Einwirkungen, welche durch mich fließen, einen Sinn zu geben.

Im Hinblick darauf hast Du auch einmal erwähnt, Du würdest Deine Songs mehr empfangen, anstatt sie zu schreiben. Von welchen Quellen machst du hier Gebrauch?

Die Sphären von Oliphoth, Sitra Ahra, Niflheim, die Tiefe der Erde, der Anti-Cosmos, Satan, Luzifer, Apep, Loki, Pan, Lilith, Tiamat. Viele unterschiedliche Namen für die verschiedenartige, aber ultimative Ausströmung der Kraft der linken Hand.


Wie versetzt Du Dich dabei im Stimmung um einen The Devil’s Blood-Song zu schreiben und wie entsteht dieser dann?

Die anfängliche Erschaffung ist immer ziemlich chaotisch, nur ein Wort oder eine Melodie die aus den trällernden Gedanken, welche mich ständig plagen, herausstrahlen. Wie ein irrer Mann in einer großen Masse, der es langsam aber sicher schafft, dass alle still werden und seinen Worten lauschen. Dann wird das Lied geformt. Jetzt mit einer klaren Struktur, damit ich es in meinem Heimstudio aufnehmen kann. Bin ich damit fertig, bekommen die Mitglieder der Liveband Demos davon und sie können ihre Teile einstudieren. Anschließend folgt eine lange Periode des Reifens, in der wir mit dem Song spielen, um herauszufinden welche Form er in Wahrheit besitzt. Dies kann dann eine Woche oder auch ein Jahr dauern. Manche werden nie fertig und entwickeln sich über einen sehr langen Zeitraum hinweg.

The Devil’s Blood scheint zumindest von außen mit der Metalszene verwurzelt zu sein, auch wenn ihr keineswegs wie eine Metalband klingt. Wie wichtig ist dieses Band für Dich?

Wir sind eine eigenständige Gruppe, welche sich nicht um irgendwelche Szenezugehörigkeiten schert. Ich höre natürlich auch viel Metal und ich bin mit dieser Musik groß geworden. Aber ich höre viele Sachen die überhaupt nichts damit zu tun haben, und ich genieße sie genauso.

Irgendwo habe ich einmal die Bezeichnung „Horror Soul“ für eure Musik gelesen. Ich finde dies nicht unpassend. Wie kannst Du damit leben?

Ich sollte besser damit leben können, da ich derjenige bin, der es sich ausgedacht hat. Es drückt die Verbindung zwischen dem Inhalt unserer Texte und der gefühlvollen Natur der Musik aus.

Du nennst den Psychedelic Rock-Papst Roky Erickson, bzw. seine Band 13th Floor Elevators als einen Deiner größten Einflüsse - was man auch deutlich heraushören kann. Was fasziniert Dich so an ihm?

Schwer zu sagen. Es könnte die Art sein, wie er seine Kreativität von den profanen Dingen abtrennt, was ihm erlaubt diese wunderbaren Arbeiten zu schaffen. Aber ich denke, am Ende spricht einfach sein Gesamtwerk für sich.

Welche anderen Dinge, Musik und Literatur, haben Deinen Stil und Deine Anschauung von Musik und Texten geprägt?

Ich könnte Dir jetzt eine Liste aufzählen die bis ins Unendliche geht. Aber ich versuche es so knapp wie möglich zu halten. Als Wurzeln frühe Slayer, frühe Iron Maiden, Bathory, Watain, Deathspell Omega, Urfaust, Manowar, Funeral Mist Queen, Thin Lizzy, Wishbone Ash, UFO, Alice Cooper, MC5, Iggy & Stooges, The Secret Chiefs 3, The Beatles, Jefferson Airplane, The Pretty Things, The Bonniwel Music Machine, Velvet Underground und viele, viele mehr. Der Einfluss von Literatur geht in die Tausende und reicht von Fiktionalem über Sachbücher, bis zu Metaphysischem, Religion und okkulten Studien. Um ein paar zu nennen: H.P. Lovecraft, Ray Bradbury, Haruki Murakami, Stephen King, Hunter S. Thompson, Sam Harris, Stephen Hawking, Aleister Crowley, Israel Regardie, Austin Spare, Thomas Karlsson und so weiter und so fort.

The Devil’s Blood sind eine ziemlich spirituelle Band, aber von außen betrachtet ist ein Einblick darin nicht so einfach. Kannst Du uns vielleicht einen kleinen Einblick in das Wesen Deiner Band geben?

Ich bin stets in Studien, Ritualen und verschiedenen anderen Aktivitäten versunken, die direkt mit meiner Suche nach Weisheit auf dem Pfad zur linken Hand in Verbindung stehen. The Devil’s Blood ist ein Weg diese Dinge nach außen hin vorzutragen. Wenn Leute daran interessiert sind, sollten sie sich tiefer in das graben was wir anbieten und sie werden es finden.

Meiner Meinung nach ist Musik die purste Form von Leidenschaft, die den wahren Kern der Seele offenbart. Gehst Du hier mit mir konform?

Hier stimme ich Dir absolut zu! Das Problem ist nur, dass die Anzahl der Musiker dort draußen, die dem spirituell ziemlich nahe kommen, sehr klein ist.


Dies bringt mich gleich zum Albumtitel und wie ich ihn deuten würde: Hier haben wir die Zeit als Ordnung (the time), die Abwesenheit von Zeit als Unordnung (no time) und dies fortwährend für immer (evermore). Also der tiefste Kern der Seele, der nahe am Chaos liegt, aber gleichzeitig die Musik, welche bestimmten Regeln folgt. An sich ziemlich paradox.

Das Paradox eine geordnete Kunstform aus einer chaotischen Inspiration heraus zu kreieren ist überhaupt das Schönste. Man kann sagen, durch das Erschaffen einer bestimmten Ordnung erlauben wir es ein jedem die Kunst auf seine eigene Art zu entdecken und dementsprechend wieder ein Stück Chaos zurück zu gewinnen. Der Titel trägt dieses Paradox in sich und ich sollte Dir nicht widersprechen, da es dafür tausend mögliche Interpretationen gibt.

In Deinen Texten taucht oft die Figur des Teufels auf. Wie ist dieser Teufel von dem Du singt zu verstehen, ist es die dunkle Seite bzw. der Archetyp des Menschen oder ein geisterhaftes Wesen und die Personifizierung des puren Bösen, wie man es auch in der christlichen Religion findet?

Der Teufel ist das, was mich davon abhält zu stagnieren, das mich immer wieder in Bewegung hält und für neue kreative Momente sorgt. Sein Blut ist, was durch einige von uns seit ihrer Geburt fließt, sie vom Rest der Ziegenherde abhebt und sie auf die Herde mit Verachtung und Hass herabblicken lässt. Der Teufel ist derjenige, der Dir wehtut wenn Du unten bist, um in Deiner Seele ein bestimmtes Gefühl von Unzufriedenheit zu erzeugen das dich dazu inspiriert, dich von dieser kranken Welt wegtreiben zu lassen, um eine freie Seele zu werden. Ein Weg durch Elend und Tod, der letztlich zu Freiheit und Gottheit führt.

Ich würde jetzt gerne über ein paar interessante Passagen Deiner Texte und den Zusammenhang mit der Musik sprechen. Könnten wir hier ein wenig einsteigen?

Ich werde nicht mit Dir in jeden einzelnen Song hinein graben. Meine Interpretation der Texte würde Dich nur daran hindern die Bedeutung für Dich selbst zu finden. Die Wahrheit wird nie vorgegeben, sie muss gewonnen werden. Nichts bedeutet etwas, wenn es argumentativ erklärt werden kann. Die Wahrheit muss gefühlt, entdeckt und letztlich verstanden werden. Ich kann Dir allerdings ein bisschen über den Prozess sagen. Worte und Musik werden normalerweise im gleichen Moment geboren. Sie folgen einander, da das eine für das andere von Bedeutung ist und jede Schwester ihren Bruder beglückwünscht. Dazu gibt es keine Begründung. Sie fließen wie unbewusste Schriften einiger Okkultisten. Oft muss ich sie selbst studieren, um die Bedeutung zu finden, die in der unterbewussten Gemeinschaft, mit was auch immer für einen Präsenz, mit der ich verbunden bin, liegt.

Ihr tretet relativ selten für eine professionelle Rockband auf. Warum das, wollt ihr den Mystizismus und den Hunger fürs Spielen so erhalten?

Wir haben uns dafür entschieden lieber wenige, dafür aber angemessene Veranstaltungen zu spielen, anstatt immer und überall wo wir gefragt werden. Wir spielen lieber 20 Rituale im Jahr, die alle kraftvoll und ehrfürchtig inspirierend sind, anstatt eine Band zu werden, die jeden zweiten Monat in die Stadt kommt, um das gleiche Material immer und immer wieder zu spielen. Wie eine Popband die versucht in die Charts zu kommen.

Du hast soeben das Wort Rituale erwähnt. Was unterscheidet einen The Devil’s Blood-Auftritt von einem „normalen“ Konzert?

Die Sache ist die, wenn ein Ritual erfolgreich ist, siehst Du nicht nur einer Band zu, sondern einer Verknüpfung von Kraft und Dunkelheit. Eine kraftvolle Verbindung der unheilvollen Strömungen, welche fließen und sich denjenigen enthüllen, welche bereit sind diese zu empfangen.

Für viele Musiker sind gerade das Stehen auf der Bühne und das Livespielen das größte am Musikerdasein. Ist das für Dich anders, wenn Du nur wenig auftreten möchtest, wie Du gerade erklärt hast?

Ich bevorzuge einfach die Arbeit zu Hause oder im Studio. Versteh mich aber bitte nicht falsch, ich genieße es wirklich sehr live aufzutreten. Aber die Möglichkeit deine Gedanken so perfekt zu ordnen, um einen maximalen Effekt beim Hörer zu erreichen, kann für mich nur innerhalb des Studios erreicht werden. Auf diese Weise muss ich auch nur mit einer sehr geringen Anzahl an Menschen umgehen, was mir besser gefällt.

Vor jedem Auftritt begießt ihr euch alle mit Blut. Welche tiefere Bedeutung steckt dahinter, bzw. was bedeutet Blut für euch?

Blut ist ein sehr kraftvolles magisches Werkzeug. Es hat bei jeder Arbeit viele und unterschiedliche Bedeutungen, aber für mich ist es hauptsächlich ein grässliches Abbild des Todes und des Verfalls, was beides Vorboten des Chaos sind. Weiter ist es auch die perfekte Möglichkeit deine Persönlichkeit weiter hinauszudrängen und dein instinktives, animalisches Ich, voll von Leidenschaft, Hass, Lust und Elend nach außen zu bringen.

Diskografie

The Graveyard Shuffle (7” Single, 2008)
Come, Reap (EP, 2008)
I’ll Be Your Ghost (Single, 2009)
The Time Of No Time Evermore (Album, 2009)
Die Musik von The Devil’s Blood wird auch auf Vinyl herausgebracht. Ziehst Du persönlich Vinyl CDs vor?

Ja, denn CDs sind einfach scheiße. Sie sehen kacke aus und fühlen sich auch so an. Sie haben keinen emotionalen Wert für mich. Mir ist schon bewusst, dass Veröffentlichungen vor allem auch wegen logistischen Gründen als CD herauskommen. Dies ist ein kleiner Kompromiss gegenüber der Plattenfirma. (lacht)

Selim, ich danke Dir wirklich sehr für dieses interessante und aufschlussreiche Gespräch und die Zeit, welche Du Dir für uns genommen hast. Ich denke es hat einen guten Einblick in die Welt von The Devil’s Blood gegeben.

Ich habe Dir zu danken und ich hoffe Deine Leser können einen (Un)Sinn aus dem ziehen, für was The Devil’s Blood stehen.



Mario Karl


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