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Info
Zeit: April 2009
Ort: Lauda-Königshofen (Tauberfrankenhalle)
Besucher: 2.000
Fotograf: Nadine Jost und Mario Karl
Internet:
http://www.keep-it-true.de
Was im Sommer 2003 als noch ziemlich kleines von Metal Force-Frontmann (ehemals Majesty) Tarek Maghary und dem HEAVY-Magazin-Redakteur Oliver Weinsheimer organisiertes Konzert begann, mauserte sich recht schnell als Anlaufpunkt für Fans des traditionellen Stahls aus der ganzen Welt. Man konnte zwar schon recht früh Besucher aus dem europäischen Ausland ins beschauliche Lauda-Königshofen locken, doch mit der Zeit erweiterte sich der Personenkreis immer mehr und so ist es mittlerweile keine Schwierigkeit, sich auf dem Keep-It-True mit Fans aus Mexiko, Schweden, Griechenland, Australien oder Spanien auszutauschen. Was Leute aus allen Winkeln des Erdballs nach Tauberfranken lockt, ist die einmalige Mischung aus alten Szenehelden, die man aufgrund des Schicksals der späten Geburt nur selten oder noch nie zu Gesicht bekam, und hoffnungsvollen Newcomern, die voller Traditionsbewusstsein in deren Fußstapfen treten. Damit unterscheidet man sich stark von kommerziell ausgerichteten Festivals. Denn das hier ist nach wie vor ein liebevoll aufgezogenes Insiderfest von Fans für Fans, mit einem außergewöhnlichen Programm und zu einem äußerst fairen Preis. Und daran wird sich hoffentlich auch nie etwas ändern!
Nach der zehnten Ausgabe im letzten April findet das Keep-It-True jetzt jährlich an zwei vollen Konzerttagen in der Tauberfrankenhalle in Königshofen statt, in der, neben dem üblichen großzügig bemessenen Metalmarkt, 2.000 Schwermetallsüchtige Platz finden um jede der einzelnen Bands euphorisch abzufeiern. Auch 2009 wurden wieder 20 interessante Gruppen zur Veranstaltung gelockt. Zwar las sich das Billing natürlich nicht so stark wie bei der Jubiläumsausgabe im letzten Jahr, doch auch dieses Mal kam man wieder in den Genuss von zahlreichen starken Auftritten, an die man sich später gerne zurück erinnern wird. Zwar war das Niveau nicht ständig am oberen Limit, aber wer erwartet das schon. Hier nun die Tops und Flops des Wochenendes:
In Solitude |
Den Reigen eröffneten die noch recht jungen Schweden IN SOLITUDE, mit ihrem stark an Mercyful Fate angelehnten Sound. Ein Festival zu eröffnen ist oft eine etwas undankbare Sache, da viele noch auf dem Weg dorthin sind, sich lieber mit dem ersten Bier beschäftigen oder ihr Geld beim Metalmarkt an die Händler bringen. Aber der Fünfer schlug sich ganz wacker, selbst wenn die Menge vor der Bühne noch recht überschaubar war. Die Songs ihres selbst betitelten Debüts sind aber auch guter und eingängiger Stoff, dem man gerne eine livehaftige Überprüfung unterzieht. Zudem hatte die Band ein unterhaltsam anzuschauendes, wenn manchmal auch etwas unbeholfen wirkendes Auftreten. In der Mitte der Bühne prangte ein großer Kerzenständer um den der leidlich geschminkte und schmalbrüstige Sänger Pelle Ahman in seinem zerfetzten Ledermantel stolzierte. Weiterer optischer Anziehungspunkt war sein Bruder Gottfrid am Bass, der etwas von Oscar Dronjak (Hammerfall) hatte - nur in rot. Das war eher knuffig als evil. Aber dafür hat ja wie gesagt die Musik gestimmt. Und das ist doch schon einmal was. Ein netter Opener für einen langsam in Schwung kommenden Konzerttag. Das sah auch das restliche Publikum so, welches sich immer zahlreicher vor der Bühne versammelte.
Atlantean Kodex |
Wenn wir schon bei skurrilen Outfits sind; ATLANTEAN KODEX-Gitarrist Manuel Trummer hatte an dem Tag wohl auch etwas tief in seinem Kleiderschrank gewühlt. Denn ob altmodische Schlangenlederstiefel und eine trachtenmäßige Strickjacke Metal sind, muss noch geklärt werden. Aber halten wir uns nicht zu sehr mit (un-)modischen Details auf, denn erstens passt letzteres Accessoire durchaus zur oberpfälzischen Herkunft der Band und zweitens geht es auf dem Keep-It-True doch wohl eher um Musik. Und diese war in dem Fall ziemlich episch und ausladend. Denn es wurden in der Dreiviertelstunde nur eine gute Hand voll Songs gespielt, die ziemlichen Anklang bei den Fans fanden. Und das obwohl die Kompositionen des Fünfers beim ersten Hören doch sehr sperrig sind und alles andere als leicht ins Ohr gingen. Aber wer auf eine Mischung aus alten Manowar und Doomsword abfährt, der dürfte bei Atlantean Kondex richtig liegen. Die Band gab sich recht engagiert und dafür, dass das hier erst das zweite Konzert in der Bandgeschichte überhaupt gewesen sein soll, lief das Ganze doch recht flüssig aus den Boxen. Denn die Tatsache, dass sich der Auftritt etwas zog, lag viel mehr an dem spröden Charme der Songs, als an der Band selbst. Am Ende durfte Procession-Vorturner Felipe noch einen Titel mit der Band trällern, was zwar sehr spontan und holprig, dafür aber irgendwie sympathisch wirkte. Der Untergrund ist nach wie vor ziemlich lebendig und Atlanteon Kodex waren ein guter Beweis dafür.
Aska |
Ein erster Höhepunkt des Tages waren zweifelsohne die US-Metaller ASKA. Deren Sänger/Gitarrist George Call sah die Tauberfrankenhalle nicht zum ersten Mal. Bereits im letzten April sprang er ziemlich spontan als Ersatzmann bei Omen ein, lieferte dort eine tolle Show ab und ist mittlerweile hauptamtlicher Sänger bei der amerikanischen Metallegende. Ein solche sind Aska zwar (noch?) nicht, aber eine starke Liveband mit coolen Songs, die zum zwanglosen Mitbangen einladen allemal. Und der Titel ihrer letzten CD, Absolute power, passt auch wie der berühmte Arsch auf den Eimer zu dem was der Vierer bot. Titel wie „Leprosy“, „Angels of war“, „Longships“ oder das Judas Priest-Ripoff „Crown of thorns“ wurden gnadenlos durch die PA gepeitscht und so war es kein Wunder, dass Aska gebührend gefeiert wurden. George Call ließ das Publikum nicht so leicht los und bewies, dass er auch mit umgeschnallter Gitarre ein tadelloser Frontmann ist, der trotz der Tatsache, dass er an den Mikrofonständer gebunden ist, immer noch agil sein kann. Dazu kommt, dass er, genauso wie der Rest der Band, auch von Grund auf sympathisch und ehrlich rüberkommt, selbst wenn die Posen schon fast Rockstar-mäßig wirken. Aska hätten gerne noch ein paar Songs mehr zocken können. Hoffentlich kann man die Band bald wieder mal in unseren Breitengraden sehen.
Cloven Hoof |
Die Briten CLOVEN HOOF durften auf einem der ersten Keep-It-Trues ihre Rückkehr auf dem Festland feiern. Damals noch in einer anderen Besetzung. Mittlerweile ist man sogar wieder zu einer richtig festen Band gewachsen und arbeitet an einem Nachfolger zum 2006er Comeback Eye of the sun. Mit dem titelgebenden Stück dieser Platte eröffnete man auch gleich den bunten Liederzirkel, der sich mit Ausnahme eines neuen und recht harten Stücks nur aus alten Schoten zusammensetzte. Gleich mit den anschließenden „Nova battlestar“ und „Astral rider“ schwenkte man auf die goldenen 80er um. Songs die der alte und jetzt wieder Frontmann Russ North damals schon für die Band sang. Seit dieser Zeit scheint der Gute stimmlich kein bisschen gealtert zu sein. Ganz im Gegenteil. Der Anteil an hohen Screams hat sogar zugenommen. Technisch mit Sicherheit voll auf der Höhe, nervte dies allerdings mit der Zeit nicht unwesentlich. Weniger wäre hier definitiv mehr gewesen. Aber auch so hatte der Mob vor der Bühne offensichtlich seinen Spaß an der Band, die ganz zielsicher mit dem Uraltklassiker „Laying down the law“ ihren Auftritt beendet, der im Ganzen wirklich nicht schlecht war, da sich die mit frischen Blut an den Gitarren verstärkten Cloven Hoof spielerisch kein Blöße gaben. Apropos frisches Blut. Der recht junge Christian Horton wirkte frisuren- und outfittechnisch, als wäre er direkt aus 1984 hierher gebeamt worden. Und auch Bandgründer und Bassist Lee Payne sah in seinem „Kiss light“-Outfit etwas zum schmunzeln aus. Mal sehen was uns die Briten im Juni beim Bang-Your-Head bieten. Denn da werden sie ebenso mit von der Partie sein.
Ruthless |
Metal without mercy (so der Titel ihrer Debüt-EP) boten anschließend RUTHLESS. Geradliniger Stampfsound amerikanischer Prägung. Zwar ist der Backkatalog der Band mit einem vollen und einem Minialbum recht überschaubar, aber sofern es darauf genug gutklassige Songs gibt, dürfte einer vergnüglichen Zeit nichts im Wege stehen. Und das ist hier zweifellos der Fall. Und wenn sich eine Band nach so langer Zeit in einer derart guten Verfassung präsentiert wie diese heute, kann ebenso nichts mehr schief gehen. Ruthless machten nicht den Eindruck als seien sie eingerostet oder müde und zockten engagiert ihre Lieder runter. Da war es kein Wunder, dass die Fans bereits beim Opener „Gates of hell“ und erst recht bei der folgenden Bandhymne „Metal without mercy“ steil gingen. Neben weiteren Reißern wie „Bury the axe“ oder „Mass killer“ zockte die Band auch „Winds of war“, das auf keiner der beiden Platten zu finden ist. Aber selbst das hatte keinen Stimmungsabfall zur Ursache. Denn diese war bis zum abschließenden „Sign of the cross“ spitze. Kein Wunder, dass auch die Musiker selbst bester Laune waren. Denn man sah ihnen den Spaß an der Sache ohne Probleme an. Allen voran Sänger Sami De John, der zwar betont amerikanisch cool, aber doch bodenständig wirkte. Ihn sah man selbst noch am nächsten Tag ständig durch das Publikum wuseln und mit zahlreichen Fans plauschen. Wie übrigens die meisten der anwesenden Musiker, die allesamt dankbar sind hier spielen zu dürfen, da sie sicher sein können, es mit leidenschaftlichen Hörern zu tun zu haben.
Exumer |
Zwar hatten fast alle Bands bis hier ziemlich Power, doch ein so richtig harter Prügelact war noch nicht dabei. Das sollte sich jetzt mit den deutsch-amerikanischen EXUMER ändern, die mit Possessed by fire und Rising from the sea vor gut 20 Jahren zwei derbe Thrash-Platten veröffentlicht hatten. Seitdem gab es auch nicht mehr allzu viel von ihnen zu hören. Umso spannender war es wie sich die Band anno 2009 präsentiert. Und das taten sie sehr lebendig; schon fast zu lebendig. Denn Exumer gaben sich betont, fast schon zu aggressiv und erinnerten vom Auftreten und vom äußeren Erscheinungsbild eher an eine neuzeitliche Hard- bzw. Metalcoreband. So ließen sie auch ihre alten Songs klingen. Herunter gestimmte Gitarren und Wechselshouting zwischen Mem von Stein und Paul Arakari inklusive. Doch damit waren sie hier etwas an der falschen Adresse und es war kein Wunder, dass das Ganze ziemlich zwiespältig aufgenommen wurde, selbst wenn sich trotzdem so einige den Crowdsurfingspaß nicht nehmen ließen. Da der Sound auch ziemlich suboptimal war, sprang der Funke nicht so richtig über. Trotzdem kann man Exumer bescheinigen ihre Sache soweit ganz gut gemacht zu haben. Die Modernisierung und der Sprung ins dritte Jahrtausend ist gelungen, doch mit diesem Programm wäre die Band auf einem Festival wie dem With-Full-Force definitiv besser aufgehoben gewesen.
Exxplorer |
Europapremieren gab es auf dem Keep-It-Trues schon einige. Mit dem Auftritt von EXXPLORER an diesem Freitag folgte eine weitere. Die Band veröffentlichte 1985 mit Symphonies of steel ein gutes US-Metal-Album, das in Insiderkreisen hoch geschätzt wird. Trotz eines (recht erfolglosen) Aufbäumens Mitte der 90er, verschwand man wieder recht flott in der Versenkung. Doch an diesem Tag zeigt man sich in sehr guter Verfassung. Man wollte den Fans wohl zeigen, dass man immer noch wohlauf ist. Recht so, denn damit machte es ziemlichen Spaß unkaputtbaren Songs wie dem eröffnenden „City streats“, „Run for tomorrow“ oder der Bandhymne „Exxplorer“ zu lauschen. Leider machten Exxplorer den Fehler ihre ausladenden Doppelballade „Guilty as charged“/“Phantasmagoria“ ziemlich weit vorne ins Set zu packen. Denn so nahmen sie ihrem Programm ziemlich den Schwung, auch wenn die Nummer zweifelsohne toll ist. Dafür ist sie über weite Stellen für unbedarfte Ohren etwas ruhig und träge. Da musste mit der Powernummer „Metal detectors“ der Ofen erst wieder richtig angeheizt werden. Was dann doch wieder gelang. Achja, vor diesem Titel stimmte Sänger Lenny Rizzo eine kurze Rede gegen vermeintlichen Popkram wie Bruce Springsteen an. Aber das sollte man vielleicht lassen, wenn man mit diesem dasselbe hemdsärmelige Auftreten mit typischem Amipathos teilt. Aber das war auch schon alles was es an diesem Gig, der mit „Beg, borrow and steel“ sein Ende fand, wirklich zu bemängeln gab. Denn ansonsten wurde man eine Stunde gut unterhalten. Schlecht fand es wohl nur derjenige, die seine Erwartungen an das Debüt in der alten Welt zu hoch schraubte.
Tyrant |
Mit TYRANT folgte eine richtig kauzig wirkende Truppe. Strahlt doch ihre Musik schon einen recht eigenwilligen Charme aus. Klassischer 80er Jahre-Metal mit epischer Schlagseite und einer doomigen Heavyness. Allein der blonde Strubbel-Hüne Glen May ist eine Schau. Auf hochhackigen Stiefeln und mit einem regelrecht bauchfreien Shirt, das bald nur noch aus ein paar Stofffetzen bestehen sollte, stelzt er über die Bühnenbretter und singt leicht schräg seine düsteren Songs wie „Listen the preacher“, „The Nazarene“, „Beginning of the end“, „King of kings“ oder „Too late to pray“. Das hat schon was. Auch musikalisch hat die Band ihren Charme, den sie auf ihren drei Alben verbreitet, kaum eingebüßt. Und für das, dass die Band eine längere Auszeit hinter sich hat, schlug man sich doch ziemlich wacker und spielte sich verhältnismäßig tight durchs Programm. Das Publikum honorierte das selbstverständlich kräftig vom einleitenden „Warriors of metal“ bis zum abschließenden und vernichtenden „War“ und feierte Tyrant sehr lautstark ab. Lediglich wer das Quartett nicht kannte, schaute vielleicht etwas ungläubig drein. Denn für Neuhörer war der Stoff der Band um die Gebrüder May vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Eine nette Show einer lässig auftretenden Band war es auf jeden Fall.
Abattoir |
Mittlerweile hatte sich ein Nachtschleier über Königshofen gelegt und der erste Festivaltag neigte sich langsam dem Ende zu. Doch bevor die Hauptattraktion ein kleines bisschen Horrorshow nach Tauberfranken brachte, durften erst einmal ABATTOIR die Halle zwar nicht in ein Schlacht-, dafür aber in ein Tollhaus verwandeln. Die Band war an diesem Wochenende tatsächlich mit ihren Gründern Steve Gaines und Juan Garcia angereist. Letzterer durfte zusammen mit seinem Kollegen Tim Thomas und Agent Steel bereits Keep-It-True-Luft schnuppern. Die beiden wussten also wohl was auf sie zukommt. Aber mit einem derart starken Echo hatten sie, wie auch er Rest der Band, wohl kaum gerechnet. Denn von der ersten Sekunde an war gnadenlos Action vor der Bühne angesagt und die Headbanger saugten jeden Ton des Speed Metals von Abattoir gierig in sich auf. Speziell Sänger Steve Gaines konnte gar nicht glauben wie es hier abging und warf nur so mit erstaunten „Thank yous“ um sich. So war es kein Wunder, dass der Fünfer sich davon immer mehr anpeitschen ließ und ein sehr erstaunliches Energielevel an den Tag legte. Besser können Klassiker wie „Bring on the damned“, „Vicious attack“, „Stronger than evil“ oder „Under my skin“ auch in den 80ern nicht geklungen haben. Der Schwerpunkt des Sets lag ganz eindeutig auf dem Debüt Vicious attack, welches komplett abgearbeitet wurde. Aber auch eher Unbekanntes wie „Everbody dies“ vom From the ashes-Demo oder gar „Annihilation of civilization“ der quasi Nachfolgeband Evildead fand einen Platz an diesem Abend. Den Fans war es allerdings ziemlich egal was gespielt wurde, denn gefeiert wurde einfach alles. Am lautesten wurde es allerdings als man nach „Screams from the grave“ das Konzert mit einem massiven „Ace of spades“ (Motörhead) beendete. Hier bebte die Halle förmlich. Kein Wunder bei so einer Hymne. Die Stunde Spielzeit verging demnach auch wie im Flug und es gab nicht wenige, welche das Ganze gerne noch ein paar Minuten länger genossen hätten. Damit waren Abattoir ein absolut würdiger Co-Headliner und eines der großen Highlights des Wochenendes.
Lizzy Borden |
Was anschließend folgte, hatte schon etwas von Hollywood. Eine kleine, blutige Show mit einer großen Portion Rock 'n Roll. Die Axtmörderin LIZZY BORDEN war wieder im Haus und bot in einem abendfüllenden Konzert das, was sie auch auf dem letzten Bang-Your-Head schon zeigte. Zu „Abnormal“ gab Frontmann Lizzy im wallenden, schwarzen Gewand den leibhaftigen Tod, bevor er gleich im Anschluss zu „Give 'em the axe“ die bekannte Axt herausholte. Von ganz neu bis ganz alt - so ging es im weiteren Set auch munter weiter und es wurden von sämtlichen Alben, der von Iron Maiden beeinflussten US-Metaller, gleichberechtigt Songs gespielt. Und davon auch wirklich nur Highlights. Egal ob „Outcast“, „Notorious“, „Master of disguise“, „Rod of iron“ oder „Tomorrow never comes“. Hier hatten auch erstmals zwei immer wieder auftauchende, zarte und leicht bekleidete Schönheiten einen ersten Auftritt im Engels- und Teufelskostüm. Es gab nicht wenige, die deshalb halb geifernd nach ihren Kameras und Fotohandys in ihrer Tasche griffen. Dabei hätte Lizzy diese beiden Grazien gar nicht unbedingt gebraucht, denn er schaffte es auch so, das Publikum mit seiner Mimik und Gestik, sowie seinem einnehmenden Charisma in den Bann zu ziehen. Die wechselnden Masken und verschiedenen Gimmicks taten das ihre dazu.
Er machte sehr deutlich, wer hier der Chef im Ring ist. Es war aber noch weit davon entfernt eine Ein-Mann-Show zu sein. Nicht selten ließ er auch seinen als Zombies geschminkten Mitmusiker genug Platz sich ebenso gut in Szene zu setzen. Basssolo (wieder mit Pippi Langstrumpf-Titelmelodie) und ein Gitarrenduell von Dario Lorina und Chris Sanders inklusive. Showhöhepunkt war aber zweifelsohne, als sich ein grimmig dreinblickender Lizzy während „Psychopath“ mit einem Vampirbiss eine seiner beiden Tänzerinnen hinrichtete und ihr das Oberteil vom Leib riss. Das Kunstblut spritzte, das Publikum jubelte und war ganz begierig auf den roten Saft, als der Sänger zum passenden „There will be blood tonight“ in den Fotograben hinab stieg und sein getränktes Patschehändchen den Leuten entgegen streckte. Die Stimmung war hier schon fast am Siedepunkt. Mit „American Metal“ und „Red rum“ war dieser dann erreicht. Danach gerbte Lizzys Bruder Joey Scott noch solistisch seine Felle, bevor die Band mit einem spaßigen „We got the power“ den Deckel zumachen wollte. Aber die Fans ließen den Fünfer nach einem solch launigen Auftritt nicht so leicht gehen und es erklangen nicht wenige Zugabenrufe. Bei diesem Echo war es dann auch keine Frage, dass Lizzy Borden noch einmal die Bühnenbretter erklommen und ein heftige Version von Rainbows „Long live Rock 'n Roll“ zockten. Damit war dann aber endgültig Schluss. Auch wenn diese Show und die Band vielleicht nicht zu 100 % zur Keep-It-True-Atmosphäre passten, war es doch ein grandioser Headlinerauftritt, bei dem es nichts zu bemängeln galt und der den ersten Festivaltag grandios abschloss.
Setlist: Abnormal / Give 'em the axe / Notorious / Live forever / Rod of iron / Be one of us / Outcast / Basssolo / Tomorrow never comes / Under your skin / Hell is for heroes / Master of disguise / Guitarensoli / Psychopath / There will be blood tonight / Me against the world / American Metal / Red Rum / Drumsolo / We got the power / Long live Rock 'n Roll
Deja Vu |
Für viele war es mit Sicherheit noch eine lange und flüssige Nacht gewesen. So war es auch kein Wunder, dass um zwölf Uhr mittags das Häuflein vor der Bühne noch relativ überschaubar war. Aber das hinderte DEJA VU nicht daran voller Elan den zweiten Festivaltag zu eröffnen. Die Band, welche erst 20 Jahre nach ihrer Bandgründung 2006 ihr Debüt Bullets to spare veröffentlichte, bot klassischen Teutonenstahl mit starker Accept-Schlagseite. Genau der richtige Sound für einen lautstarken Weckruf. Mit programmatischen Titeln wie „Children of the eighties“ oder dem stampfenden „Metalhead“ hatte man natürlich den passenden Stoff dafür zur Hand. Der Vierer gab sich sichtlich engagiert und man merkte ihm die Spielfreude sehr an. Allen voran natürlich Sänger/Gitarrist Werner Kerscher, der ständig den Kontakt zum Publikum suchte, generell eine gute Laune verbreitete und damit ziemlich schnell so einige Headbanger auf seine Seite zog. Zwar gibt es an der Band nichts wirklich Spezielles und ihr geht auch der sonst hier überall zu findende Kult- bzw. Legendenstatus ab, aber trotzdem war das hier eine unterhaltsame Vorstellung, die schon mal einen guten Grundstein für das restliche Programm legte.
Procession |
PROCESSION als zweite Band waren nicht nur musikalisch eine ganz andere Baustelle, sondern die Band, welche an diesem Wochenende die längste Anreise hatte. Aus Chile kommt dieses Trio, welches seine Hörer mit episch ausladendem, fast schon elegischem Doom Metal verwöhnte. Dabei ist der Einstieg in ihre Musik gar nicht so einfach. Denn die gespielten überlangen Brocken wehren sich anfangs regelrecht in die Gehörgänge zu fließen. Mit der Zeit gewinnen Procession aber immer mehr eine eigene und faszinierende Ausstrahlung, die einen unweigerlich mitreißt. Natürlich sofern man mit solchen Düstersounds etwas anfangen kann. Denn für Thrash- und Speedfanatiker war dies hier definitiv nichts. Was für die Musik gilt, gilt entsprechend auch für das Bühnengebaren des Trios, welches zu Beginn noch ein wenig spröde wirkte, da die einzelnen Musiker sehr in sich gekehrt wirkten. Besonders Sänger und Gitarrist Felipe schien irgendwie abwesend und hatte wohl vor dem Auftritt ein bisschen von seiner Kräuterdose inhaliert. Aber zusammen gab alles ein recht stimmiges und sehr intensiv klingendes Bild. Das sahen auch die Fans vor der Bühne so. Denn mit zunehmender Spielzeit wurde der Applaus für den gelungenen Auftritt verdientermaßen immer lauter. Hier haben wir es mit interessanten Newcomer zu tun, den man als Doom-Fan auf jeden Fall im Auge behalten sollte.
Gates of Slumber |
Neuankömmlinge im Doomsektor sind THE GATES OF SLUMBER aus Indianapolis mit Sicherheit keine mehr. Sondern viel mehr eine im Untergrund ziemlich angesehene Größe. Es gab nicht wenige, die speziell dem Auftritt des etwas raubeinig wirkenden Trios entgegen gefiebert hatten. Und diese sollten auch nicht enttäuscht werden. Denn die Band wurde ihrem vorauseilenden Ruf auf jeden Fall gerecht. Der massive Doom Metal, dem The Gates of Slumber auch eine gesunde Portion Rockigkeit und Epic Metal-Auszüge verpassen, kam live genauso faszinierend rüber wie auf CD. Irgendetwas schien Bandvorsteher Karl Simon allerdings im Magen gelegen zu haben, denn seinem missmutigen Blick nach dem Opener „Children of Satan“ nach zu urteilen, gab es irgendwelche Probleme, die außer der Band wohl keinem wirklich aufgefallen sind. Danach wurden die trockenen Lieder aber derart kraftvoll ins Auditorium gerammt, dass man sich einer Gänsehaut fast nicht verwehren konnte. Klanglich war dann auch mehr Massivität als Düsternis angesagt. Viel mehr Intensität geht da wohl nicht mehr. Zum Ende schien auch für den bärtigen Koloss alles in Butter gewesen zu sein, so dass ihm sogar ein leichtes Lächeln über die Lippen huschte. Dazu hatte er auch allen Grund, denn er und seine Herren hatten alles richtig gemacht und einen fabelhaften Auftritt hingelegt, der mit den starken „Angel of death“ und „Trapped in the web“ sein Ende fand. Doom Metal kann auch rocken, The Gates of Slumber haben dies wieder einmal bewiesen. Ein Powertrio im besten Sinne.
Militia |
Dass eine Band wie MILITIA einen derartigen Kultstatus erreichen konnte, ist nur in einer Szene wie dieser hier möglich. Zwei Jahre nach ihrer Gründung im Jahre 1984 gab es die die 3-Track-EP The sybling, die augrund ihrer kleinen Auflage (100 Stück) heute Sammlerpreise um die 1.000 Doller erreicht. Kurz darauf verschwand sie auch wieder in den ewigen Jagdgründen und ward nie wieder gesehen. Aus dem heimischen Texas kam man auch nie raus. Aber irgendwie wurde ihr guter Ruf über die Jahre am Leben erhalten, so dass es die Herren wieder in den Fingern kitzelte. Voila, hier sind sie, die vergessenen Legenden des Texasmetal, zum ersten Mal in Europa überhaupt. Und es sollte ein wahrer Triumphzug werden. Gedacht hätte es wohl keiner, dass Militia sogar noch um einiges besser sind, als ihre Platte es vermuten lässt. Der Fünfter peitschte ihren frickeligen Thrash Metal mit einer derartigen Gewalt in die Halle, dass einem Hören und Sehen verging. Die Musiker mögen vielleicht äußerlich gealtert sein, spielerisch auf gar keinen Fall. Es war schon beeindruckend, wie speziell Gitarrist Tony Smith wie ein Berserker über seine Saiten huschte und die wildesten Licks und Soli herunter spielte. Auch Sänger Mike Soliz hat immer noch die gleichen spitzen und wilden Schreie drauf wie damals und eine Stimme so scharf, dass man Glas mit ihr schneiden könnte. Das permanente Wildern am oberen Schrillelimit ist zwar nicht jedermanns Sache, aber immerhin beeindruckend. Es hätte mich jedenfalls nicht gewundert, wäre dem Herrn gegen Ende des Sets der Kopf geplatzt. Die Publikumsreaktionen auf den Auftritt waren auch derart euphorisch, dass die Band gar nicht wusste wie ihr geschieht. Denn damit hätte sie selbst wohl am wenigsten gerechnet. Die Rührung war den Musikern ins Gesicht geschrieben, als die Fans am Ende lauthals auf Kommando den Refrain zu „Metal axe“ mitbrüllten. Dieser Auftritt war definitiv einer der großen Sternstunden der Keep-It-True-Geschichte. Denn eine solche Intensität sieht man nicht alle Tage. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht bei diesem kleinen Reunion-Ausflug bleibt und Militia ihre Energie vielleicht in neue Songs stecken. Fürs erste muss die CD Released, auf dem alle ihre Demos und The sybling zu hören sind, genügen.
Rigor Mortis |
RIGOR MORTIS, die Band um Sänger Bruce Corbitt und Ex-Ministry/Revolting Cocks-Gitarrist Mike Scaccia, gehörte unter der Legion von amerikanischen Thrash-Bands schon immer zu der etwas skurrileren Sorte. Zwar war ihr Sound recht schnörkelloser und speediger Thrash Metal, aber ihre nicht wirklich ernst gemeinten Splatter- und Goretexte und die entsprechenden Artworks dazu, hoben sie dann doch von der Masse ab. Zwar eröffnen Rigor Mortis den bunten Knüppelreigen mit „Mummiefied“ vom Zweitling Rigor Mortis vs. the world, aber der Schwerpunkt lag ganz verständlicherweise eindeutig beim selbst betitelten Debüt, auf dem Bruce Corbitt auch selbst sang. Die Stimmung war von Beginn an ziemlich gut und es gab zahlreiche Crowdsurfingwillige, die wohl nur darauf gewartet hatten endlich richtig loslegen zu können. Die das ganze Wochenende sehr freundlichen Securityleute hatten jedenfalls recht bald alle Hände voll zu tun. Davon lässt sich natürlich auch die Band anstacheln und feuert aus allen Rohren Songs wie „Wizard of gore“, „Die in pain“ oder „Re-animator“. Die Chose machte wirklich Spaß und Rigor Mortis selbst scheinen durch diesen Auftritt wieder richtig Blut geleckt zu haben. Denn Bruce verkündete mit Stolz geschwellter Brust und voller Euphorie, dass er und seine Jungs es nach diesem Erlebnis noch einmal wissen wollen. Harren wir der Dinge, die da noch kommen mögen.
Living Death |
Thrash Metal, Klappe die dritte: Auch die teutonischen Prügelknaben LIVING DEATH haben sich noch einmal aufgerafft um hier einzuheizen. Mit von der Partie waren aus der klassischen Besetzung die Brüder Reiner und Dieter Kelch an Gitarre und Bass, sowie Schreihals Thorsten „Toto“ Bergmann. Neben einem Gastgitarrist hatte man mit ex-Überall-Drummer Jörg Michael sogar echte Prominenz am Start. Instrumental war also schon einmal für eine gute Basis gesorgt. Und auch stimmlich war Toto noch bestens in Schuss. Nur verzichtet der fitte Frontmann mittlerweile auf seine schrägen Schreie, was so mancher vielleicht vermissen mag, andere dagegen recht froh darüber sind. Denn gewöhnungsbedürftig war das früher schon auch. Viel eher dürften sich die Oldschooler an der Setlist stören, die sich überwiegend aus Songs von den Alben Protected from reality und World neuroses zusammensetzte. Das rumpelige Debütwerk Vengeance from hell wurde dabei komplett ausgeklammert. Von Metal revolution gab es immerhin „Screaming from a chamber“ und „Grippin' a heart” als Eröffnungsstück. Aber Setlist hin oder her, es war doch eine recht kurzweilige Sache. Alte Knüller wie „Last birthday“, „Natures death“ oder „The testamant of Mr. George” haben auch noch heute ihre Reiz. Der abschließende Mitgröler „Eisbein (mit Sauerkraut)“ sowieso. An der Performance gab es auch nicht viel zu rütteln. Toto vermittelte trotz seines unauffälligen Outfits mit offenem Hemd und Jeans auch heute noch eine gute Portion Wahnwitz. Also insgesamt eine nette Sache.
Zouille |
Nach soviel Geschredder und Moshpitaction war es endlich mal wieder an der Zeit für etwas Melodischeres. Dafür zuständig waren ZOUILLE & HANTSON. Dahinter versteckt sich niemand anderes als Christian „Zouille“ Augustin, Sänger der legendären französischen Metalband Sortilège, sowie der singende Schlagzeuger Renaud Hantson, der sonst mit seinen Bands Furious Zoo und Satan Jokers die Musikwelt unsicher macht. Aber dieser Auftritt stand unter dem Banner „One night of Sortilège“, plus ein paar Zugaben aus dem Schaffen der beiden in den letzten Jahren. Der Start war mit „D'ailleurs“ und „Gladiateur“ schon reichlich fulminant. Die stimmliche Magie die Zouille verbreitete war regelrecht greifbar. Und das obwohl er mit seinem Kurzhaarschnitt und einem einfachen T-Shirt wie der nette Nachbar von nebenan aussah. Soviel Leidenschaft wie er in seine Lieder legte, erlebt man ziemlich selten. Kein Wunder, dass das Publikum dies euphorisch entgegen nahm. Bereits als dritter Titel folgte ein englischsprachiger Song, dem auch ein paar wenige weitere folgten. Unter anderem ein Duett mit Renaud Hantson, der hierzu seinen Schlagzeughocker räumte und sich ebenfalls als Frontmann versuchte. Wirkte nicht schlecht, auch wenn diese Leider relativ hardrockig waren und sich deshalb von den epischen und melodischen Metalsongs von Sortilège abhoben. Hier wurde die Stimmung auch etwas ruhiger. Erst recht bei den recht überflüssigen Bass-, Schlagzeug und Gitarrensoli, die recht uninspiriert wirkten, selbst wenn lauter sehr gute Musiker auf der Bühne standen, die während der Songs ihr Können bewiesen. Hier konzentrierten sie sich aber eher aufs Posen. Man hätte lieber ein paar alte Gassenhauer der verehrten Franzosen mehr gehört. Mit den wunderbaren „Chasse le Dragon“, „Marchand d’Hommes“ und der Bandhymne „Sortilège“ gab es derer noch einige, bei denen es auch noch einmal richtig rund vor der Bühne ging und dieses Konzert dann doch noch zu einer tollen Sache machten. Wirklich schön, diese besonderen Titel einmal livehaftig genießen zu können.
Picture |
War Frankreich während der 80er schon nicht wirklich als echte Größe im Hartwurstsektor bekannt, gilt ähnliches für unsere Nachbarn Holland. Mit Vengeance gab es zumindest eine recht bekannte Hard Rock-Band. Ein Fünfer der in eine ähnliche Kerbe schlug, nur noch ein bisschen härter und zeitlich ein paar Jahre früher, waren PICTURE. Und diese hatten nun eine Stunde lang Zeit zu zeigen, dass der Zahn der Zeit noch nicht allzu sehr an ihnen genagt hat. Die Band hat eine handvoll Alben, die man auch heute noch hin und wieder gerne aus dem Regal zerrt, wenn einem der Sinn nach zünftigem Heavy Rock steht. Und tatsächlich, ihre zwar simplen, aber dafür umso mitreißenderen Songs scheinen auch heute noch den Nerv der anwesenden zu treffen. Oder es war einfach der richtige Sound für die richtige Tageszeit. Der Einstieg mit „You’re all alone“ und dem fetzigen „Heavy Metal ears“ war tadellos und brachte die Halle richtig in Wallung. Aber auch optisch waren Picture ein Hingucker, zumindest was Sänger Pete Pete Lovell betrifft. Denn eine solch riesige Langhaarpudelfrisur, die eher eine Perücke vermuten lässt, sieht man heute auch nicht mehr allzu oft. Aber das war alles echt. Genauso wie die Spielfreude des in die Jahre gekommenen Quintetts. Dass man nicht nur im Gestern lebt, bewies man mit einigen neuen Songs, die auf dem künftigen Langdreher namens Old dogs, new tricks stehen sollen. Die davon gespielten Titel fügten sich tadellos ins Set sein. Und zwar deshalb, da sich diese überhaupt nicht von den klassischen Liedern unterschieden. Also nicht viel los mit neuen Tricks. Aber das störte an diesem Abend niemand und simplizistische Partykracher der Marke „Lady lightning“, „Eternal dark“, „Griffons guard the gold“ und dem abschließenden „Bombers“ sorgten dafür, dass ordentlich Stimmung in der Bude war. Diesen hohen Programmplatz hatten Picture mit dieser Form an dem Abend ohne Zweifel verdient. Es wäre definitiv kein Schaden, die Holländer mal wieder auf der Bühne bewundern zu dürfen.
Was im Anschluss folgte war zweifelsohne der Höhepunkt des ganzen Festivals. Da sich der Beginn der New Wave of British Heavy Metal (kurz NWOBHM) heuer mehr oder weniger zum dreißigsten Mal jährt, dachten sich die Veranstalter, dass es eine tolle Sache wäre, dieses Jubiläum gebührend zu feiern. Hierzu wurde die NWOBHM-Coverband Roxxcalibur (die mehrheitlich aus Musikern von Viron besteht) verpflichtet. Um das richtige Feeling zu erzeugen und die nächsten knapp zwei Stunden zu etwas ganz Speziellem zu machen, wurden zahlreiche alte Helden aus dieser Zeit nach Königshofen eingeladen, die sich (hauptsächlich) am Mikro abwechselten. Den Anfang machten aber erst einmal Roxxcalibur selbst, die mit einem stimmungsvollen Medley mit Songs aus dieser Zeit eröffneten und gut auf das Folgende einstimmten. Aber danach wurde schon der erste Gast von Schlagzeuger Neudi angekündigt, der den ganzen Tag bereits in der Halle gesichtet wurde. Blitzkrieg- und Satan-Sänger Brian Ross stürmte die Bühne und gab seine Hymne „Blitzkrieg“ zum Besten. Wenig verwunderlich, dass es hier richtig laut wurde. Als weiteres Schmankerl schob man gleich einen Satan-Song hinterher. Doch statt den Fanfavoriten „Blades of steel“ oder „Trial by fire“ gab es ein nicht weniger gutes „Break free“.
Eine der Bands, welche bei der britischen Metalwelle ganz vorne mit dabei waren, waren die Tygers of Pan Tang. Kein Wunder, dass dem Bandgründer und ehemaligen Inhaber von Neat Records, Jess Coxx, ebenfalls das Mikro in die Hand gedrückt wurde. „Wild catz“ war das Lied welches er zum Besten gab und damit noch ein Stückchen mehr Stimmung in die Halle brachte. Leider durfte er nur diesen einen schmettern. Danach wurde dann ganz tief in der Mottenkiste gegraben. Gruppen wie Bleak House oder Jameson Raid dürften wahrscheinlich nur den wenigsten geläufig sein. Immerhin ist deren Output sehr überschaubar. Aber Bleak House’ „Rainbow warrior“ und vor allem das epische „Seven days of splendour“ von Jameson Raid sind tolle Songs, die schon damals mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Diese beiden gab es zu hören und die beiden dazugehörigen Vokalisten waren sichtlich erfreut die Gelegenheit wahrnehmen zu können. Besonders der drahtige Terry Dark wirkte mit seiner britischen Art sehr sympathisch und verzauberte die Halle regelrecht mit seiner Darbietung.
Um den weiblichen Anteil, der das ganze Wochenende 0 % war, etwas in die Höhe zu schrauben und das vermeintlich schwache Geschlecht nicht außen vor zu lassen, schnappte man sich Enid Williams von Girlschool, die die beiden rockigen „Race with the devil“ (ausgerechnet diese Gun-Coverversion?) und „Emergency“ ins Auditorium fetzte. Dagegen schienen die wenigsten etwas zu haben, denn spätestens hier war Party pur angesagt und es wurden zahlreiche Fäuste in die Höhe gereckt. Cloven Hoof waren ja schon vor Ort. Da lag es auf der Hand, dass Sänger Russ North und Bassist Lee Payne zusammen mit dem Rest von Roxxcalibur das am Freitag schmerzlich vermisste und grandiose „Gates of Gehenna“ brachten. Dies wurde natürlich entsprechend honoriert. Aber der absolute Stimmungshöhepunkt dieser Show und wahrscheinlich des ganzen Wochenendes folgte gleich danach. Demon-Sänger Dave Hill betrat unter lautem Jubel die Bühne und sang erwartungsgemäß die beiden Hymnen „Night of the demon“ und „Don’t break the circle“, bei denen wirklich keiner mehr stillstehen konnte. Sogar auf den Rängen hielt es keinen mehr auf seinem Platz. Speziell bei „Don’t break the circle“ war Gänsehaut pur angesagt. Denn der Gesang des Publikums übertönte sogar den Lärm der Band. Dave Hill dirigierte dabei souverän die Massen und freute sich insgeheim wahrscheinlich schon auf nächstes Jahr, wenn seine Band ihr eigenes 30-jähriges Jubiläum beim Keep-It-True feiert. Darauf kann man sich auch jetzt schon freuen.
Wenn man sich die NWOBHM zum Thema macht, dürfen auch Samson nicht fehlen. Bandgründer Paul Samson hatte bereits 2002 das Zeitliche gesegnet. So konnte er also nicht mehr dabei sein. Aber die Tatsache, dass eine Unterbrechung für einen Schlagzeugwechsel erfolgte, deutete schon an, wer den Weg nach Tauberfranken gefunden hatte. Niemand anderes als der maskierte und durchgeknallte Drummer Thunderstick. Und da Bruce Dickinson mit ziemlicher Sicherheit wieder mit einer Boeing in den Lüften schwebte, musste hierfür ein würdiger Ersatz her. Und wer, wenn nicht Harry „The Tyrant“ Conklin (Jag Panzer/Titan Force), könnte diese Rolle ausfüllen? Folglich erschien dieser zur Freude der Anwesenden und sang „Too close to rock“ und ein wunderbares „Bright lights“. Großes Kino. Thunderstick durfte sich dazwischen selbst noch ein wenig austoben, einen ausflippenden Fan aus dem Publikum zerren, ihm einen ebenso hässliche Glitzermaske über den Kopf ziehen und ihn mit Wasser übergießen. An sich eine witzige Sache. Aber die dadurch notwenige und lästige Umbaupause war auch ein regelrechter Stimmungskiller. Jetzt stand aber nicht mehr der Rest von Roxxcalibur auf der Bühne, sondern ein großer Musikerwechsel war angesagt. Als auf dem Drumschemel der Sodom-Mann Bobby Bobby Schottkowski Platz nahm und sein Vorsteher Tom Angelripper dazu noch erschien, war fast klar, dass an dieser Stelle nur etwas von Tank folgen konnte. Und so war es auch. Zu den beiden gesellten sich die zwei Sechssaiter der Originalband und man zockte nach einer feurigen Rede von Tom Angelripper über seine erklärte Lieblingsband „This means war“ und „Don’t walk away“. Diese leicht rumpelige Vorstellung hatte durchaus Charme, auch wenn man natürlich viel lieber den raubeinigen Algy Ward hinterm Mikro erlebt hätte.
Langsam war es an der Zeit für den Endspurt. Harry Conklin schnappte sich noch einmal das Mikro, sang zusammen mit Alexx Stahl (Roxxcalibur/Viron) Grim Reapers rockiges „See you in hell“ (wo war denn hier Steve Grimmett?) und danach das grandiose „22 Acacia Avenue“ von Iron Maiden, der MWOBHM-Größe schlechthin. Starke Sache. Mit „Running free“ gab es ein weiteres Maiden-Highlight, bei dem alle während des Konzerts auftretenden Musiker auf der Bühne erschienen um sich hier gemeinsam unter der Führung des Tyrants das Mikro zu teilen. Damit fand der Auftritt auch ein würdiges und durchaus grandioses Ende. Jeder der hier nicht dabei sein konnte, sollte sich gepflegt in den Allerwertesten beißen, denn so etwas wird man wohl nicht noch einmal erleben dürfen. Es bleibt nur zu hoffen, dass davon möglichst viel den Weg auf die kommende Keep-It-True-DVD findet. Am besten natürlich das ganze Konzert!
Setlist: NWOBHM-Medley / Blitzkrieg (mit Brian Ross) / Break free (mit Brian Ross) / Wild catz (mit Jess Cox) / Rainbow warrior (mit Graham Shaw) / Seven days Of Splendour (mit Terry Dark) / Race with the devil (mit Enid Williams) / Emergency (mit Enid Williams) / Gates of Gehenna (mit Russ North & Lee Payne) / Night of the demon (mit Dave Hill) / Don't break the circle (mit Dave Hill) / Bright lights (mit Harry Conklin und Thunderstick) / Too close to rock (mit Harry Conklin und Thunderstick) / This means war (mit Cliff Evans, Mike Tucker, Tom Angelripper und Bobby Schottkowski) / Don't walk away (mit Cliff Evans, Mike Tucker, Tom Angelripper und Bobby Schottkowski) / See you in hell (mit Alexx Stahl und Harry Conklin) / 22 Acacia Avenue (mit Harry Conklin) / Running free (mit allen Sängern)
Armored Saint |
So einige verließen nach dieser Veranstaltung bereits die Halle um ein paar letzte Biere auf dem Zeltplatz zu trinken oder den (teils recht weiten) Heimweg anzutreten. Schade für ARMORED SAINT und noch viel mehr für die Aufgebrochenen. Denn „LA’s most headbanging band“ wurde ihrem Ruf als eine der besten Livebands im Metalsektor wieder einmal gerecht. Diese Band steckt schließlich voller Bühnentiere. Allen voran natürlich der geborene Frontmann John Bush, der hier um einiges befreiter singt als früher bei Anthrax. Der Start mit den beiden Groovemonstern „Reign of fire“ und „March of the saint“ war auch gleich fulminant. Die Fortsetzung mit „Pay dirt“ und „Creepy feelings“ nicht weniger massiv, bevor es mit „Last train home“ erstmals etwas ruhiger und melodischer wurde. Mitgesungen wurde besonders hier recht laut. Köpfe geschüttelt die ganze Zeit, auch wenn der Erschöpfungsgrad nach zwei langen Tagen Heavy Metal pur mittlerweile recht hoch war. Armored Saint ließen sich davon aber nicht irritieren und spielten wie immer einen Hammergig, auch wenn er nicht ganz so intensiv war, wie ihr letztes Gastspiel auf dem Bang-Your-Head 2006. Aber was trotzdem auffiel, war die Professionalität und das tighte und auf den Punkt gebrachte Zusammenspiel, welches die meisten Bands des restlichen Programms nicht ganz erreichten. Zumindest nicht mit dieser an den Tag gelegten Lockerheit. Dass hier Vollprofis am Werk sind, war zu jeder Sekunde zu spüren. Nachdem man mit „False alarm“ etwas tiefer in der Vergangenheit grub und das große „Aftermath“ brachte, durfte Schlagzeuger Gonzo Sandoval bei seinem Solo ordentlich vom Leder ziehen und brachte sogar etwas Sambafeeling mit ins Spiel. Offensichtlich ein kleiner Tribut an seine Latinowurzeln. Weitere Soli verkniff man sich glücklicherweise. Mit „Chemical euphoria“ und dem Hit „Can U deliver“ neigte sich der 80-minütige Auftritt langsam dem Ende entgegen. Aber bevor sich Armored Saint endgültig verabschiedeten warf man noch ein rotziges „Mad house“ in die Runde. Damit ging ein grandioser Auftritt zu Ende, ganz wie man es sich gewünscht und im Endeffekt auch erwartet hatte. Er war einfach ein Genuss, mal einem echten Headlinerauftritt dieser Band beiwohnen zu können. Bitte ganz bald mal wieder irgendwo! Und vielleicht auch mit einem neuen Album in der Hinterhand.
Setlist: Reign of fire / March of the saint / Pay dirt / Creepy feelings / Last train home / Book of blood / False alarm / Aftermath / Drumsolo / Symbol of salvation / Nervous man / Chemical euphoria / Can U deliver / Mad house
Und so endete die zwölfte Ausgabe des Keep-It-Trues schon wieder. Auch wenn sich das Billing lange nicht so spektakulär las wie beim letzten großen KIT in der Tauberfrankenhalle, war das Festival doch eine rundum gelungene und wunderbare Sache mit zahlreichen grandiosen und eigentlich keinen gurkigen Auftritten. Man darf sich jetzt schon wieder auf das nächste Keep-It-True im April 2010 freuen. Das Programm steht bereits fest und hat mit Anacrusis, Candlemass, Demon, Tygers of Pan Tang, Fifth Angel und Hades schon wieder zahlreiche potentielle Highlights zu bieten. Man sollte sich allerdings beeilen, denn das Festival ist schon jetzt wieder fast ausverkauft. An alle die noch nie dort waren: Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!
Mario Karl
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