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Info
Ort: Balingen, Messeglände
Besucher: ca. 15.000
Internet:
http://www.bang-your-head.de
Auch das Jahr 2008 und sein Festivalsommer durfte nicht ohne eine weitere Auflage des allseits beliebten Bang-Your-Head!!!-Festivals in Balingen vorüber ziehen. Und so sollte es sein, dass auch dieses Jahr 22 Bands an zwei Tagen auf dem Messegelände den feierwütigen Hard Rock- und Metalfans kräftig einheizten. Dabei brauchten sich diese anfangs gar nicht so anstrengen. Denn der Wettergott meinte es gut mit den ca. 15.000 Anwesenden und sorgte mit pausenlosem Sonnenschein für stark ansteigende Körpertemperaturen. Von tagelangen Regenschauern wie zu Beginn des letztjährigen Festivals blieb man somit glücklicherweise verschont. Und wer heuer seine (dringend notwendige) Sonnencreme vergessen hatte, dem war auch nicht mehr zu helfen.
Glücklicherweise blieb das Festival vor allzu einschneidenden Veränderungen verschont. Die Organisatoren sind nach 10 Jahren Open Air eben bestens eingespielt und wissen worauf es ankommt, damit sich die Gäste wohl fühlen. Die größte Umstellung rund um das Festival war die Neueinteilung der Campingplätze, was im Vorfeld für gewissen Unmut sorgte. Die meisten gewohnten Plätze wurden aufgelöst und durch das große Metalcamp einige Kilometer außerhalb von Balingen ersetzt. Laufwütige Eidgenossen waren von hier aus schon mal eine gute halbe Stunde (und nicht bloß 15 Minuten, wie angekündigt) unterwegs, bis sie das Festivalgelände erreichten. Schneller und gemütlicher ging es da natürlich mit den bereitgestellten Shuttelbussen, die pausenlos unterwegs waren. Der Service funktionierte überraschend gut und man musste auch nach Konzertende keine allzu große Warterei in Kauf nehmen. Ansonsten blieb glücklicherweise alles beim Alten. Also auch die (mittlerweile leider so gut wie überall) überhöhten Preise für Speis und Trank. Andererseits auch wieder der Ohren schmeichelnde gute Sound.
Aber halten wir uns nicht allzu lange mit derartigen Details auf und kommen gleich zu dem, weswegen der geneigte Hard Rock- und Metalfan auch dieses Jahr wieder ins schwäbische Balingen gereist war: den Bands!
Für den Auftritt der einheimischen CONTRACRASH kamen wir aufgrund einer Shuttle-Bus-Verzögerung leider fast schon ein wenig zu spät auf das Festivalgelände. Lag der Auftritt der Newcomer doch schon in den letzten Zügen. Aber was es noch zu hören gab, war gar nicht mal übel, wenn auch stilistisch etwas fehl am Platz. Contracrash spielten ziemlich modernen Rock, dessen Einflüsse aus New Metal und Punk nicht zu überhören war. Dazu präsentierte man sich energetisch und hoch motiviert. Davon hätten wir gerne etwas mehr mitbekommen. Denn schlecht war das nicht unbedingt, auch wenn nicht wirklich viele dieser Meinung waren.
(MK)
Mehr Aufmerksamkeit bekamen hier schon die Färöerer Wikinger TÝR und ihre in Landessprache vorgetragenen Schlachthymnen. Die sympathische Truppe machte dabei keine Gefangenen und brachte auch unbedarfte Zuhörer mit ihren, meist im Midtempo vorgetragenen und mit dunklen Melodielinien versehenen Songs in Wallung. Immer wieder fein wie die Band, trotz des an den Tag gelegten Bewegungsdrangs, ihre mehrstimmigen Gesangslinien vom Studio auch auf die Bühne brachte. So war es kein Wunder, dass Týr auf ordentliche Resonanzen seitens des Publikums stießen. Und das obwohl ihre Musik die auf den ersten Höreindruck etwas sperrig wirkt, aber gerade durch die Kombination aus massiven Riffs, folkloristisch anmutenden Melodielinien und Färöischer Sprache ihren ganz eigenen Charme entwickelt. Keine schlechte Wahl für diese Billingposition.
(MK)
Nach dieser für so einige verschlafene Genossen musikalisch etwas zähen Vorstellung konnte das Publikum durchaus einem satten Tritt in den Allerwertesten gebrauchen, um endlich den restlichen Schlaf aus den Knochen zu schütteln. Da kamen AGENT STEEL mit ihrem oldschooligen Speed/Thrash Metal natürlich wie gerufen. Und die fünf Amis hatten einen wirklich guten Tag erwischt und sollten damit dem genannten Anspruch mehr als gerecht werden. Die Band war in prächtiger Spiellaune und zockte alte Standards wie „Bleed for the godz“ oder „Unstoppable force“ genauso tight wie Songs neueren Datums (u.a. „Lambs to the slaughter“, „Ten fists of nations“). Bruce Hall entpuppte sich einmal mehr als hervorragender Sänger und Frontmann, während das Gitarrenduo Juan Garcia und Bernie Versailles seine halsbrecherischen Licks ins Publikum feuerte. Die Songauswahl war für die relative kurze zur Verfügung stehenden Spielzeit von 40 Minuten tadellos. Hiermit dürfte man auch ein paar Bandunkundige überzeugt haben, während alte Freunde der Ufologen spätestes zur Bandhymne „Agents of steel“ und dem traditionellen Rausschmeißer „Mad locust rising“ steil gingen. Starker Auftritt einer sympathischen Band.
(MK)
Wem der Sinn nach dieser Riffattacke jetzt etwas nach ausgelassener Schunkelstimmung stand, der war bei den finnischen Saufziegen von KORPIKLAANI goldrichtig. Zwar war die Band mit ihrem oft etwas zu fröhlich wirkenden Folkmetal, der fast wie Skyclad auf Speed klingt, nicht jedermanns Sache, was man an der etwas spärlicher werdenden Publikumskulisse sah, doch konnte sie doch einige Feierwütige für sich begeistern. Großen Anteil neben den einprägsamen Melodien der Band hat sicher auch Frontmann Jonne Järvelä der ständig herumkaspernd den Kontakt zum Publikum sucht und sich pudelwohl auf der Bühne fühlt, während der Rest der Band irgendwo zwischen leicht abwesend oder überdreht rüberkommt. Mit zunehmender Spielzeit werden die Songs der Band leicht austauschbar, doch mit Partygranaten wie „Happy little boozer“ oder dem programmatischen „Beer, beer“ kann nicht allzu viel schief gehen. Zusammenfassend sicher kein Gourmetprogramm, aber spaßig war’s auf jeden Fall. Und die Sorge, dass man sich im recht traditionell ausgerichteten Programm des Festivals vielleicht nicht behaupten könnte, erwies sich als relativ unbegründet.
(MK)
Die Bay Area-Thrash-Reunionwelle rollt unaufhörlich weiter. Nachdem in den letzten Jahren Testament, Death Angel, Exodus und zuletzt auch Lääz Rockit ordentlich von sich Reden machten, taten sich auch die Eidgenossen von FORBIDDEN wieder zusammen um noch einmal über die Bühnen zu wetzen. Ein Auftritt in Balingen darf da natürlich nicht fehlen, was die Freunde klinisch präziser Riffkanonaden natürlich freute. Davon waren auch zahlreiche erschienen und begrüßten den Fünfer recht herzlich. Man kann es ruhigen Gewissens sagen: Forbidden haben nach all den Jahren Funkstille nichts verlernt und zeigten was vielen (Thrash-)Bands jüngeren Datums heute leider viel zu oft abgeht. Und zwar das Feeling für starke, herausragende Riffs. Egal ob bei „Off the edge“, dem Opener „March into fire“, der Bandhymne „Forbidden evil“ oder dem Übersong „Through eyes of glass“, hier regierte die Axt und das Haupthaar schwang ganz von alleine in der heißen Sommerluft. Spielerisch war bei der Band alles im grünen Bereich. Lediglich Sänger Russ Andersen (der mittlerweile einige Kilos zuviel auf den Rippen mit sich herumschleppt und so leicht behäbig wirkte) hatte manchmal einen etwas kurzen Atem. Aber ansonsten kann man dem Fünfer mit ihrer Lehrstunde in Sachen Thrash nur einen tadellosen Auftritt bescheinigen. Nur etwas schade war, dass sich Forbidden in Sachen Setlist mit einer Ausnahme („Out of body (Out of mind)“) auf ihr LP-Debüt beschränkten. Aber insgesamt: Comeback geglückt, bitte mehr davon!
(MK)
Finnland die Zweite: Mit ENSIFERUM wurden die neben Finntroll momentan populärsten Vertreter der immer noch grassierenden Humppa-/Paganmetal-Welle für das Bang-Your-Head!!! gebucht. Dabei stieß die Band nicht gerade überall auf Gegenliebe. Zwar war in den ersten (mit überwiegend jugendlichen Fans gefüllten) Reihen ordentlich Action, doch ansonsten ließ die Band viele kalt. Das lag nicht nur unbedingt an ihrem schunkelwütigen Halali, sondern auch an der etwas zu routinierten und fast schon gelangweilten Aufführung. Ein paar übliche Posen hier, das Standardoutfit mit blassem, freien Oberkörper und neckischen Röcken dort und dazu Standardhits wie „Guardians of fate“, „Iron“ oder „Token of time“. Das war halt alles recht solide und Freunde der Band wurden sicher nicht enttäuscht, aber mehr auch nicht. Irgendwie war das Ganze auch schon mal spannender - damals als es noch neu war. Aber mittlerweile scheinen Ensiferum leider in ihrer festgefahrenen Spur stecken geblieben zu sein. Aber das Klassenziel wurde erreicht: Zielgruppe befriedigt. Dem Rest kann es egal sein.
(MK)
Warum RAGE nach 24 Jahren Bandgeschichte, zig Alben und einer ziemlich großen Popularität immer noch zu so früher Stunde mit einer knapp bemessenen Spielzeit auf die Bühne müssen, stellt nicht nur für meine Wenigkeit ein Rätsel dar. Der Platz vor der Bühne war jedenfalls bestens gefüllt, die Stimmung äußerst ausgelassen und das deutsch-russische Trio wurde sehr freudig in Balingen empfangen. Das Trio präsentierte sich dementsprechend auch tadellos in Form und spielerisch sehr tight. Über Peavys Auftreten als Frontmann und die spielerischen Fähigkeiten von Ausnahmegitarrist Victor Smolski braucht man glaube ich keine Worte mehr zu verlieren. Und über Schlagzeuger Andre Hilgers bleibt zu sagen, dass sich dieser inzwischen bestens in seiner neuen Rolle eingefunden hat und sich wesentlich songdienlicher als sein Vorgänger und Drumclown Mike Terrana gibt und diesen zu keiner Sekunde vermissen lässt. In Sachen Songs präsentierte man ein von „Under control“ eröffnetes Set, das (verständlicherweise) eher aus Titeln neueren Datums bestand. So standen Highlights daraus wie „Soundchaser“ und das lautstark mitgegrölte „Down“ neben wenigen, beliebten Oldies wie „Refuge“. Stimmungshighlight war dabei das Medley aus „Higher than the sky“ und „Don’t fear the winter“, welches den Auftritt von Rage souverän abschloss. Schmeckte vielleicht ein wenig nach Standard, aber ohne wenn und aber unterhaltsam.
(MK)
WHITE LION waren bereits auf dem Festival 2005 zu Gast, bei dem sie als Überraschungsband neben Hanoi Rocks gekommen waren und haben es damals schon mühelos geschafft, das Publikum restlos zu begeistern. Mittlerweile haben White Lion unter der Leitung von Sänger Mike Tramp ein neues Studioalbum mit dem Titel Return of the pride veröffentlicht und kommen damit auch im Herbst auf Deutschland-Tournee. Auch in diesem Jahr kommen White Lion wieder mit sehr viel Spielfreude raus auf die Bühne und legen mit „Hungry“ gleich sehr schmissig los. Der Sound ist ausgezeichnet im Vergleich zum letzten Mal und so macht es richtig Spaß zuzuhören. Mike Tramp hat einfach absolute Entertainerqualitäten und hat das Publikum wie gewohnt sehr gut im Griff. Es folgt Hit auf Hit und man merkt schon, dass White Lion eine Band ist die in Balingen (bei dem traditioneller Hardrock genauso seine Berechtigung hat wie die unterschiedlichsten Metal-Stilrichtungen) gut ankommt. „El Salvador“, „Wait“, „Lights and Thunder“ werden vom Publikum genau so abgefeiert wie ein Stück vom neuen Album mit dem Titel „Dreamin“. Highlight ist meiner Ansicht nach „Broken Heart“ und das coole „Lady of the valley“. Alles in allem ein richtig fetziger Auftritt, bei dem Hardrock-Fans der traditionellen Fraktion durchaus auf ihre Kosten gekommen sind.
(SG)
Pünktlich wie die Eieruhr kommen die Vollblut Rock ´n Roller GREAT WHITE um Rampensau Jack Russell auf die Bühne und legen gleich mit dem richtigen Titel, nämlich dem fetzigen „Call it Rock ´n Roll“ los. Das Publikum geht von der ersten Sekunde an begeistert mit und ich bin auch total unter Strom, springe und hüpfe wie ein junges Reh und singe lauthals mit. Ein wenig gealtert schauen sie schon aus, die Jungs. Bei dem einen oder anderen sind die Haare deutlich kürzer geworden (Mark Kendall, Jack Russell), aber sie haben nichts von ihrem Rock ´n Roll-Charme verloren. Jack Russell erkenne ich anfangs überhaupt nicht, er sieht sehr verändert aus und ähnelt dem Sänger der Ersten Allgemeinen Verunsicherung doch sehr. Aber die Musik ist das was zählt und da machen die Herren nix verkehrt. „Face the day“ wird ein ums andere Mal zur Mitsinghymne und das mächtige „On your knees“ sorgt für ordentlich Druck in den Backen. Die Amis machen einen dermaßen sympathischen Eindruck, dass der Spielfehler am Schluss des Songs nicht weiter ins Gewicht fällt. Ansonsten ist die musikalische Darbietung über jeden Zweifel erhaben und ich freue mich ebenso wie viele andere, diese Legende (noch) einmal live zu sehen. Einfach nur klasse, wie Mark Kendall seine Solos locker aus der Hüfte feuert. Aber auch der Rest der Band wie Michael Lardie oder Audie Desbrow begeistern. Die Stimmung ist wirklich grandios, das Publikum geht ab, die Rock ´n Roll-Party nimmt ihren Lauf. Ein absolutes Highlight ist für mich die Ballade „Save your love“, mit der ich wirklich nicht gerechnet habe. Auch der Songs „Rollin’ stoned“ ist für mich eine kleine Überraschung. Der Songs ist jedoch vom Text und von der Melodie her eine absolute Granate. Das unsterbliche „Rock me“ ist ebenfalls ein Reißer und das abschließende „Once bitten, twice shy“ sorgt für ein meterbreites Grinsen, das auch für diesen kompletten Tag nicht mehr von meinem Gesicht zu bekommen ist (daher kam das also, dachte schon es wären andere Substanzen dafür verantwortlich - Anm.MK). Für mich bereits zu diesem Zeitpunkt das Highlight des kompletten Wochenendes, keine Frage!
(SG)
Nach diesem mitreißenden Auftritt hätte es jede Band schwer gehabt die Stimmung oben zu halten. Aber nicht so ICED EARTH. Und dies hatte vor allem einen Grund: die mit Spannung erwartete Rückkehr des verlorenen Sängersohnes Matt Barlow! Zwar machten sich am Anfang noch etwas gemischte Gefühle breit, da sich Bandleader Jon Schaffer und sein ständig wechselndes Gefolge in den letzten Jahren nicht immer gerade auf der Höhe präsentierten. Und man durfte auch etwas skeptisch sein, ob der Rückkehrer die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen würde. Doch dies war verflogen sobald Iced Earth mit viel Feuer loslegten und Matt Barlow seine Stimme erhob. Nicht wenige bekamen bereits jetzt eine Gänsehaut. Wie lange musste man warten um Songs wie „Vengeance is mine“, „Pure evil“ oder „Violate“ wieder mit dieser Stimme hören zu können. Gesanglich hat der mittlerweile kurzhaarige Herr wirklich nichts verlernt. Und auch sein einnehmendes Charisma, sowie seine natürliche und sympathische Ausstrahlung verfehlten ihre Wirkung zu keiner Sekunde. Man fühlte sich augenblicklich wieder in die späten 90er Jahre zurück versetzt. Um die letzten Jahre nicht unter den Teppich zu kehren, gab es auch Kostproben aus der Zeit mit Tim Owens (u.a. „Declaration day“). Besonders diese erinnerten einen daran, wie großartig dagegen doch Songs wie „Melancholy (Holy martyr)“ oder „Iced Earth“, welches den Auftritt beschloss, waren. Nach einer Stunde war leider schon Schluss mit der Vorstellung, die sicher eine der Festivalhighlights 2008 war. Langsam scheint der Dampfer Iced Earth wieder in sicheren Gewässern zu fahren. Jetzt muss nur noch ein Album von der Qualität eines Dark saga oder Night of the stormrider her, damit die Band endlich wieder an die Spitze anschließen kann.
(MK)
Nun war es Zeit für die auf den 2008er Festivalshirts so groß prangende „Operation Balingen”. Eine knapp dreistündige QUEENSRYCHE-Show bestehend aus den beiden Operation: Mindcrime-Teilen wurde uns versprochen. Mit viel Brimborium wie Schauspielern, Filmen usw. Etwas das man sonst nur in den USA sehen konnte. Und wer bereits die Mindcrime at the Moore-DVD kannte, wusste auch genau was einen erwartet. Die erste Stunde des Auftritts war, anders als der recht lustlose Mindcrime-Auftritt im Jahr 2004, auch absolut grandios. Zum Auftakt von „Revolution calling“ mit einer Marschkapelle, zahlreichen stimmungsvollen Filmen, den einen oder anderen Schauspielern in der Rollen von Nickie oder Doctor X, sowie einmal mehr Pamela Moore als Sister Mary, die Goeff Tate des Öfteren gesanglich unter die Arme griff. Dieser präsentierte sich stimmlich immer noch gut in Form, auch wenn er sich anfangs erst warmlaufen musste und die eine oder andere Höhe umschiffte. Lediglich seine an den Tag gelegte extreme Theatralik war etwas gewöhnungsbedürftig und erinnerte eher ein an Musical, denn an eine Rockshow. Aber zum Gesamtbild des Auftritts passte es im Endeffekt doch. Nach dem Verklingen von „Eyes of a stranger“ war der Applaus auch erst mal riesig, bevor sich Queensryche eine 10-minütige Pause gönnten, bevor es mit Teil 2 weiter ging. Hier fiel die Stimmung erwartungsgemäß auch mit laufender Spielzeit immer mehr ab. Zu offensichtlich sind der qualitative, sowie stilistische Unterschied zwischen 1988 und 2006. Hier wird auch mehr Wert auf Atmosphäre und Show, denn auf epochale Ohrwürmer gesetzt. Und sofern man sich darauf einließ und sich in die seelischen Abgründe des Hauptdarstellers Nickie hinein versetzte, verfehlte Operation: Mindcrime 2 auch seine Wirkung nicht. An der immer geringer werdenden Begeisterung des Publikums war es allerdings zu erkennen, dass Teil 2 auch nicht unbedingt festivaltauglich ist. Dafür taute die Masse zum Zugabenblock noch einmal richtig auf, der mit den Fan-Favoriten „Walk in the shadows“, „Jet city woman“, „Empire“ und „Silent lucidity“ bestens gefüllt wurde. Und mit Verklingen dieses balladesken Klassikers konnte man sicher sein, eben einen wunderbaren und in Europa einmaligen Auftritt miterlebt zu haben - enthaltene Längen hin oder her. Auf jeden Fall (was man jetzt allerdings noch nicht wusste) besser als sie Schmach die das BYH-Publikum am nächsten Abend erleben sollte.
(MK)
Die Jungspunde von AGE OF EVIL scheinen es den Bang-Your-Head!!!-Machern so richtig angetan zu haben. Durften diese doch bereits letztes Jahr zweimal (einmal Club, einmal Hauptbühne) ran. Auch keine schlechte Wahl. Ihr thrashiger Power Metal passte perfekt um den zweiten Festivaltag einzuläuten. Und das Quartett nutzte seine Chance vollkommen. Voller Leidenschaft und Elan zockten die jugendlichen Jungs ihre Songs. Das ganze äußerst professionell und auch vom Auftreten her zu 100 % Metal. Damit konnte man von Minute zu Minute mehr Banger für sich begeistern, von denen sich die meisten noch den Schlaf aus den Augen rieben; schließlich war es auch erst halb zehn. So durften sich Age of Evil schon wie kleine Rockstars fühlen. Dabei schien nebst Eltern auch der ganze restliche Familienclan aus Übersee angereist zu sein um die Jungs ordentlich anzufeuern. Diese durften auch zu Recht stolz auf den Nachwuchs sein. Denn das war schon ein starker Auftritt um diese Zeit.
(MK)
Alte, verschollen geglaubte Bands auszugraben gehört zum Bang-Your-Head!!! einfach dazu. Dieses Mal haben die Veranstalter ganz überraschend SECRECY ausgegraben, damit diese ihren progressiven Metal kredenzen können. Die Band spielte an diesem Tag nach 14 Jahren ihr erstes Konzert. Und sie hatten es nicht leicht. Zwar konnten die vorhergehenden Age of Evil zahlreiche Banger mobilisieren, aber die Publikumskulisse bei Secrecy war doch relativ licht. Anfangs wirkte die Band auch noch etwas nervös, was die Songs leicht holprig wirken ließ. Das legte sich aber glücklicherweise mit zunehmender Spielzeit. Trotzdem konnten viele dem Sound nicht wirklich folgen, auch wenn die Anwesenden das Gebotene recht interessiert auf sich wirken ließen. Die Musiker selbst wirkten trotz allem recht sympathisch und natürlich. Irgendwie durfte man sich schon freuen die Norddeutschen noch einmal live auf der Bühne erlebt zu haben, doch der große Reißer war es leider nicht.
(MK)
Nostalgie die Zweite: Neben Secrecy hatten in diesem Jahr die reformierten US Amerikaner BREAKER die Ehre mit ihrem traditionellen und recht straighten Metal die Bühne in Balingen zu beackern. Und das machten sie beleibe nicht schlecht. Den Bock zum Spielen merkte man den bodenständigen Herren ohne weiteres an. Zwar war Originalsänger Jim Hamar krankheitsbedingt nicht mit an Bord, doch sein Ersatz Greg Wagner (der wie der nette und in die Jahre gekommene Metaller aus der Nachbarschaft wirkte) war alles andere als eine Notlösung und gab stimmlich eine gute Figur ab. Nicht schlecht wenn man bedenkt, dass er sich das Material in ziemlich kurzer Zeit draufschaffen musste. Auch der Rest der Truppe gab sich bei gutem Sound bestens gelaunt und zockte sämtliche Highlights des nicht gerade großen Songfundes. Kein schlechter Auftritt von Breaker, den man an dieser Stelle bewundern durfte, auch wenn der Publikumszuspruch nicht wirklich überwältigend war. Die Macher des Headbanger-Open-Airs und des Keep-it-trues sollten sie Band mal gut im Auge behalten.
(MK)
Todgesagte leben bekanntlich länger. Und so meldeten sich die britischen Thrasher ONSLAUGHT letztes Jahr lautstark mit ihrem starken Combackalbum Killing peace zurück. Auch in Sachen Livepräsenz war man wieder stark mit dabei (u.a. bei der BYH-Clubshow letztes Jahr). So auch an diesem Tag. Motiviert bis in die Haarspitzen prügelte der Fünfer Filetstücke wie „Angels of death“, „Destroyer of worlds“ oder das programmatische „Metal forces“ in den Mittagshimmel. Sänger Sy Keeler gab einmal wieder einen super Frontmann ab und versuchte das Publikum mit seinen Ansagen anzustacheln. Dieses reagierte aber leider noch etwas verhalten. Schade eigentlich. Denn Onslaught brachten ansonsten ordentlich Wallung in die Bude und waren genau das Richtige für diese Tageszeit. Eine starke Sache dieses!
(MK)
LIZZY BORDEN, der von einer brachialen Live-Band begleitet wird, kommt erst mal komplett mit einem schwarzen Umhang vermummt auf die Bühne und singt den Titelsong des neuen Albums Kingdom of the death. Die ganze Band ist geschminkt, auch Gitarrist Ira Black, der schon einmal auf dem Bang Your Head!!!-Festival mit Vicious Rumours und Chris Caffery war. Zwischen jedem Lied zieht er sich um, setzt eine Maske auf oder bringt einen Überraschungseffekt ein. Bei „Notorious“ tanzt er mit dem Rücken zum Publikum und hat dabei eine Maske auf. Man könnte meinen, dass die Maske singt. Als er sich dann umdreht, hat er eine weitere Maske auf und das verwirrt und bringt einen ziemlich coolen Effekt. „Rod of iron“ und „Tommorow never comes“ kommen allesamt beim Balinger Publikum gut an, und das um diese Uhrzeit! Überhaupt erstaunt es, wie viele Leute sich hier schon versammelt haben. Aber Lizzy wird den Erwartungen absolut gerecht, legt eine fantastische Bühnenshow hin und beweist allen, dass er ein saugeiler Frontmann ist. „Red rum“ leitet über zum Killer-Song „There will be blood tonight“. Zu diesem Song beißt Lizzy einer Stripperin den Hals auf und das Blut fließt buchstäblich in Strömen. Er fragt das Publikum, ob es Blut will und dies gibt er dann auch dem Publikum. Er taucht seine Hände in Kunstblut und klatscht sämtliche Fans in den ersten Reihen in die Hände. Der Effekt ist bizarr, vor allem als er wieder auf die Bühne zurückkehrt. Das anschließende „Me against the world“ wird von den Fans lauthals mitgegrölt, die Stimmung ist klasse. Das abschließende „We got the power“ erinnert mich an „Department of youth“ von Alice Cooper. Die Party findet mit diesem Kracher somit ein jähes Ende. Lizzy Borden bekommt sehr viel Applaus und begeisterte Publikumsreaktionen, und das völlig zu Recht.
(SG)
Die Sonne brannte schon die ganze Zeit unbarmherzig vom Himmel. Da tut ein erfrischendes Bier natürlich mehr als gut. Wenn es dann auch noch ein „Space beer“ des Frankfurter Spaßkommandos TANKARD ist, kommt dabei auch noch beste Headbangstimmung auf. Zwar hat man die Band schon zigmal gesehen (auch hier in Balingen), doch trotz der Routine wirkt die Band immer noch frisch und Songs wie „Chemical invasion“, „Rectifier“ oder „Die with a beer in your hand“ hört man sich mit einem gewissen Pegel immer gerne an. So dachten auch zahlreiche weitere Metalfans und der Platz vor der Bühne war gut (mit natürlich größtenteils Menschen männlichen Geschlechts) gefüllt, was Frontkoloss Gerre zu der Ansage verleitete, dass Sebastian Bach doch gefälligst einpacken könnte, da bei Tankard immer noch die schönsten Frauen direkt vor der Bühne stehen. Die Band legte mit „We still drink the old ways“ los und fetzte die nächsten 50 Minute voller Elan durchs Programm. Allen voran natürlich ihr „zierlicher“ Sänger Gerre, der sich selbst keine Verschnaufpause gönnte und wieder jeden Quadratzentimeter der Bühne erkundete. Das Publikum quittierte die Leistung mit lauten Sympathiebekundungen, zugeworfene Geschenken in Form von Männer-Feinripp und den Rufen nach Freibier. Da ließ sich die Band nicht lange bitten und grub den gleichnamigen Oldie spontan aus, aber nicht ohne vorher einen Fan auf die Bühne zu bitten, der doch den nach all den Jahren vergessenen Text singen solle. Hierzu wurde schnell ein Opfer gefunden, welches nicht nur Bekanntschaft mit Gerres Mikro, sondern unter seinem T-Shit auch mit seinem verschwitzen Bauch machen durfte. Der arme Kerl! Das Publikum fand es auf jeden Fall lustig. Tankards Auftritt war definitiv ein spaßiges Highlight am noch frühen Nachmittag und sie dürfen gerne wieder kommen.
(MK)
Als nächstes sollten eigentlich Hardcore Superstar folgen. Doch diese hatten Probleme mit ihrem Flug und konnten das Festival nicht rechtzeitig erreichen. Kurzerhand nahmen OBITUARY ihren Billingplatz ein, die eigentlich erst eine Stunde später hätten spielen sollten. Ob es nur am panischen Verlassen des Geländes der Fans der schwedischen Rocker oder am allgemeinen Desinteresse an der Musik von Obituary lag, dass der Fünfer vor fast leeren Reihen spielte? Tatsache ist jedenfalls, dass die Band mit ihrem Florida-Deathmetal von vornherein nicht wirklich ins Programm passen wollte. Und dieser Tatsache war man sich auf der Bühne durchaus bewusst. So wurden bandeigene Highlights wie „Evil ways“, „Threatening skies“ oder das abschließende „Slowly we rot“ recht lieblos heruntergespult und die Unlust von Obituary war ohne weiteres zu spüren. Kein Wunder, dass die eh schon nicht besonders gute Stimmung immer noch mehr abrutschte. Das von Frontmann ins Mikro gegrunzte „Thank you Germany!“ kam dabei auch eher ironisch rüber. So war die Band eindeutig der Verlierer des Tages.
(MK)
Mittlerweile waren auch Hardcore Superstar eingetroffen, allerdings ohne ihre Ausrüstung. Also mussten sie kurzerhand ihren Auftritt ganz absagen. Gewinner dieser Absage waren LIZZY BORDEN und ihre Fanschar. Kamen letztere doch in das Vergnügen, dass die Band kurzerhand in den frei gewordenen Billingplatz einsprang und ein zweites Set mit weiteren US-Metal-Highlights zum Besten gab. Und der Auftritt stand ihrem ersten Gastspiel des Tages in nichts nach. So gab es doch noch die vorher schmerzlich vermissten und spritzig vorgetragenen Klassiker „Psychopath“, „Perfect world“ „Give ’em the axe“ und „American metal“ zu hören. Aufgrund der Spontaneität hielt man sich showmäßig zwar etwas zurück, aber auf Blutsaugernummer mit Stripperin musste man auch dieses Mal nicht verzichten. Am Ende des etwas kürzeren Auftritts zockte die Band noch die beiden Covernummern „Long live Rock ’n Roll“ und „Born to be wild“, wobei Lizzy Borden gesangtechnisch von Age of Evil unterstützt wurden. Dabei war nicht nur Partystimmung auf der Bühne, sondern auch kräftig davor angesagt. Eine coole Sache! Wer weiß ob Hardcore Superstar diese Stimmung hätten entfachen können.
(MK)
Da meine Wenigkeit nicht wusste, dass Hardcore Superstar nicht spielen und somit alle Bands früher anfangen, laufe ich zu spät los und verpasse somit von GRAVE DIGGER die Hymnen „The reaper“, „Valhalla“ und „Excalibur“. Bei „The dark of the sun“ bin ich jedoch am Start und dieser Song wird in Balingen natürlich zelebriert. Chris Boltendahl ist sehr gut bei Stimme und die Spielfreude sieht man ihm, aber auch dem Rest der Band, deutlich an. Manni Schmidt wird übrigens durch einen zweiten Gitarristen unterstützt, der der Band noch mehr Dampf verleiht. Der Gitarrist ist mir jedoch unbekannt. Stimmungsmäßig geht jetzt bereits nicht mehr so viel, die Hitze ist gnadenlos, die Sonne brennt herunter und so ist es beschwerlich als Fan Vollgas zu geben. Grave Digger bringen erwartungsgemäß ein richtig gutes Best Of-Programm, (für welches im Vorfeld über die Bandhomepage die Songs gewählt werden konnten), das vom Publikum natürlich begeistert aufgenommen wird. Was will bei „Knights of the cross“, „Rebellion“ oder „The last supper“ denn auch noch groß schief gehen? Den Abschluss bildet einmal mehr ein brachiales „Heavy metal breakdown“. Und unter großem Jubel gehen die „Grabschaufler“ dann von der Bühne.
(SG)
Der nächste Künstler polarisiert wohl wie kaum ein anderer auf dem diesjährigen Festival-Billing: YNGWIE J. MALMSTEEN. Viele halten ihn für einen Angeber, andere für einen Saitenfrickler, für wieder andere ist er ein absolutes Genie mit Hang zum Wahnsinn. Diese Fraktionen waren auch auf dem Campingplatz zu beobachten. Ein Dixieklo war sogar extra von einem findigen Fan für Yngwie reserviert worden. Beim Öffnen der Türe wurde klar: Der mag Yngwie nun überhaupt nicht. Unterstützt wird Yngwie Malmsteen von keinem Unbekannten, sondern von Tim „Ripper“ Owens, der ja bereits bei Judas Priest und Iced Earth gesungen und da meiner Meinung nach in beiden Fällen einen sehr guten Job abgeliefert hat. Wie beide Bands mit ihm umgegangen sind, war sicherlich nicht richtig und zeigt, dass (auch) im Metal-Sektor nur das liebe Geld zählt. Yngwie kommt förmlich auf die Bühne gerannt und post wie ein Weltmeister. Die Gitarre gehorcht ihm, das ist offensichtlich. Wenn man ihm zusieht, kann man beobachten, dass er wirklich unglaublich schnell spielt, wie von einem anderen Planeten. Allerdings ist die Musik die er bringt nach kurzer Zeit bereits ziemlich langweilig. Es ist für mich zum Großteil Gedudel, ich nutze die restliche Zeit für eine Essenspause. Mit einer Coverversion von „The final countdown“ verlässt er die Bühne, die Publikumsreaktionen sind gemischt. Einigen hat es sicherlich gefallen, anderen nicht. Ich für meinen Teil fand die Vorstellung sehr interessant, amüsant aber alles in allem war es mir viel zu viel Gefrickel, viel zu viel Geschwindigkeit. Zu Ripper Owens bleibt zu sagen: Er ist ein wirklich sehr guter Sänger. Er wird wohl nie ein wirklich guter Entertainer werden, dazu fehlt es ihm einfach an Ausstrahlung. Und zu den Songs von Yngwie Malmsteen passt er meiner Meinung nach stimmlich überhaupt nicht (sofern er überhaupt erst mal singen durfte - Anm.MK).
(SG)
Bereits vor dem Auftritt bin ich mir sicher, dass SAXON wieder einmal zur Stimmungsgranate werden. Und - ihr könnt mich Nostradamus nennen - ich hab Recht. Biff und seine Mannen legen bereits mit dem Opener „Attila the hun“ sehr brachial los und headbangen sich beinahe um den Verstand. Bereits beim zweiten Song „Motorcycle man“ geht das Publikum ab wie Schnitzel, es sind halt doch die alten Kracher, die von den Fans - vor allem auf einem Festival - gewünscht werden. Als Perle und Überraschung kommt ein gnadenlos gutes „To hell and back again“. Nun folgt Hymne auf Hymne. „Heavy metal thunder“, „Strong arm of the law“, „20.000 feet“. Saxon packen all ihre Klassiker aus, entstauben sie von Grund auf und feuern sie dem Balinger Publikum häppchenweise um die Ohren. Biff gibt Vollgas, singt beängstigend gut, animiert die Menge zum Mitmachen und der Weltklassebassist und Sympathiebolzen Nibbs Carter zeigt einmal mehr, dass sich präzises Bassspiel und wuchtiges Headbangen nicht ausschließen müssen. Biff stellt die Drumlegende Nigel Glockler, der wieder mit von der Partie ist, dem Publikum vor und Nigel freut sich sehr über diese Aktion. Ich finde, dass die Lieder wieder eine ordentliche Portion an Originalität gewonnen haben, seitdem er wieder dabei ist. Highlight ist einmal mehr das unsterbliche „Crusader“, bei dem fast alle lauthals mitsingen. Bei „Wheels of steel“ macht Biff wieder seine Späßchen mit dem Publikum und leiert einige Mitsing-Aktionen an. Das sorgt für Stimmung und die will man ja auf einem Festival haben. Die Speedgranate „Princess of the night“ sorgt dann wieder für weiche Knie. Beim anschließenden „Denim And Leather“ darf dann der gute alte Yngwie noch einmal ran. Diese Aktion zeigt für mich einmal mehr, dass Saxon einfach trotz ihres Erfolges immer noch coole Typen sind. Auch die Art, wie mit dem Publikum umgegangen wird und sich Biff immer zwischen jedem Song bei den Fans bedankt, spricht für sich. Als Zugabe kommt dann noch der Über-Hit „And the bands played on“, zu dem das Balinger Publikum noch einmal das Letzte aus sich herausholt. Saxon bekommen tosenden Beifall wie es sich für eine derartige Klasse-Leistung gehört. Hoffentlich bleibt uns die Institution Saxon in dieser Form noch lange erhalten.
(SG)
Nun kommt die Metal-Legende schlechthin: JUDAS PRIEST! Die Band war ja 2001 bereits Gast auf dem BYH-Festival, damals jedoch noch mit Ripper Owens am Mikrofon. 2001 boykottierten etliche Fans das Judas Priest-Konzert mit der Begründung, Priest nur mit Originalsänger Rob Halford sehen zu wollen. 2004 machten Priest ihre Entscheidung rückgängig, holten Rob Halford ans Mikrofon zurück und machten eine sehr gute Reunion-Tour. Die neue Platte Nostradamus, die ja bereits im Vorfeld ziemlich heiß diskutiert wurde und die Frage, wie Rob Halford an diesem Abend gesanglich drauf ist, waren die Gesprächsthemen auf dem Campingplatz. Schwer ist es natürlich immer, nach einer so guten Live-Band wie Saxon aufzutreten. Können Judas Priest das noch toppen? Das Gelände vor der Bühne ist sehr gut gefüllt als Priest zum Intro des neuen Albums die Bühne betreten. Los geht’s dann mit dem Songs „Prophecy“, bei dem Rob Halford ganz gut singt. Der Song hat auch seine Live-Qualitäten, ob er Klassiker-Potential hat wird man sehen. Zur Hymne „Metal gods“ ist die Stimmung noch besser, da der Song wirklich von jedem mitgesungen werden kann. Es fällt auf, dass Halford zum Schluss des Songs einige wirklich mächtige Schreie vom Stapel lässt. Ich bin begeistert, die Kopfstimme funktioniert wieder. Wenn man genau hinschaut kann man jedoch beobachten, dass er das Mikro in eben diesen Momenten in Höhe der Kniekehle hat. „Eat me alive“ kommt ihm sehr entgegen, da er bei diesem Song nicht allzu hoch hinaus muss. Aber auch hier ist der Stimmenverzerrer etwas übertrieben. Tipton und Downing liefern einen sehr souveränen Job ab, die beiden sind für mich einfach mit die besten Metalgitarristen aller Zeiten, Punkt. Auch die Rhythmussektion mit Scott Travis am Schlagzeug und Bassmonster Ian Hill funktioniert reibungslos.
Was gibt’s also da zu kritisieren? Na ja, Judas Priest leben von der Bühnenperformance und der mächtigen Stimme von Rob Halford. Und genau diese beiden Punkte sind an diesem Abend nicht vorhanden. Bei dem Song „Death“, den Halford auf einem Stuhl sitzend performt, habe ich den Eindruck, dass er unglaublich froh darüber ist, jetzt endlich einmal wieder sitzen zu können. Große gesangliche Defizite sind bei „Between the hammer and the anvil“ oder „Devils child“ zu erkennen. Und dass sie „Hell patrol“ überhaupt spielen ist Schwachsinn, denn Halford trifft hier von den hohen Tönen nicht einen. Zwischendurch kommt wieder mal ein Highlight wie die Ballade „Angel“, bei dem die Gesangsleistung richtig klasse ist. Absoluter Tiefpunkt einer jämmerlichen Gesangsleistung ist „Dissident aggressor“, das von Halford total verhunzt wird. Bei „Rock hard, ride free“ lässt Halford die Kopfstimme komplett weg und bei „Sinner“ sind die richtig gesungenen Töne Glückstreffer. Nun kommt etwas, das ich in dieser Form so nie hätte hören wollen, nie wieder hören werde (weil’s mein definitiv letztes Judas Priest-Konzert war) und hoffentlich auch die Judas Priest Fans, die sich nach dem Auftritt die Band noch einmal „gönnen“, nie wieder hören werden. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und kenne daher das Geräusch, wenn Hühner Eier legen. Dann gackern sie nämlich. Das hört sich - um es Stadtmenschen einigermaßen nahe zu legen - so an wie Rob Halford bei dem Song „Painkiller“ singt. Ich hab das Gefühl, er legt ein Ei. Er singt so wahnsinnig schlecht, dass ich mir teilweise die Ohren zuhalte. Das Ganze hat sich zur Farce, zu einem Trauerspiel entwickelt. Wie können Musiker, die ja eigentlich ein Gespür dafür haben müssten, was sich gut oder schlecht anhört zulassen, dass Halford das Lied noch live bringt? Deep Purple spielen „Child in time“ ja auch schon seit Jahren nicht mehr.
Beim anschließenden „Hell bent for leather“ singt Halford besser, bleibt aber wie ein Affe auf der Harley sitzen und bewegt seine Augen selbst beim Refrain nicht vom Teleprompter weg, der sogar in die Harley eingebaut zu sein scheint. Überhaupt sieht es ziemlich lächerlich aus, wenn er bei jedem Song in gebückter Haltung auf der Bühne steht und selbst die einfachsten Textpassagen nicht mehr auswendig kann. Die Kommunikation mit dem Publikum findet nur ausnahmsweise statt, von dem souveränen Metal-Gott früherer Tage ist so gut wie gar nichts mehr übrig. Das Balinger Publikum ist eines der fairsten, was ich jemals gesehen habe. Sie klatschen nach jedem Song. Dies hat auch seine Berechtigung, da die restlichen Musiker die Songs perfekt runterzocken. Und es ist mutig, sich mit solch begrenzten Möglichkeiten an Songs wie „Painkiller“ zu wagen. Aber Jungs, das kann’s wirklich nicht sein. Bei „You’ve got another thing comin’“ scheint Halford noch einmal so richtig aufzublühen. Er geht vorne an den Bühnenrand, animiert die Fans zu den bekannten Mitsingspielchen und es macht Spaß, ihn dabei zu beobachten. Aber wenn man sieht, wie er die Treppen hochsteigt, bekommt man Gänsehaut. Jeder der in einem Altenheim Zivildienst gemacht hat, möchte sich bei ihm einhaken und ihm hinauf helfen. Er macht einen körperlich wie stimmlich total abgehalfterten, abgewrackten Eindruck. Danach ist dann auch Schluss, das Publikum gibt artig Applaus und Priest verlassen die Bühne von Balingen. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es zum Lachen. Was ist nur mit Rob Halford passiert? Wer sucht die Songs aus? Priest haben so viele Klassiker, bei denen die mittlere Stimmlage völlig ausreicht. Aber hier ist ein völliger Realitätsverlust zu erkennen. Der Anspruch zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist riesengroß. Daran kann auch ein neues Album nix ändern. Es bleibt zu wünschen, dass Judas Priest die Zeichen der Zeit erkennen und in Rente gehen. Halford ist kein Metal Gott mehr, und jeder der etwas anderes behauptet lügt. Das Konzert war die Demontage einer Legende. Mit einer derartigen Gesangsleistung macht sich ein Metal God und somit eine von mir heiß geliebte Band endgültig zur Witzfigur. Sehr schade!
(SG)
Zwar gab es nach Ende des Judas Priest-Auftritts etliche lange Gesichter, aber als das traditionelle Abschlussfeuerwerk von Organisator Horst Frantz und „Frau Überall“ Doro Pesch (die es wieder mal nicht lassen konnte wie ein Flummi hüpfend „All we are“ anzustimmen) gezündet wurde, kühlten sich die Gemüter wieder ab und so gut wie jeder war sich sicher, wieder einmal ein tolles Wochenende in Balingen mit zahlreichen wunderbaren Auftritten und vielen netten Leuten erlebt zu haben. Wer hier mit Groll seine Zelte am Schluss abbrach war definitiv selbst Schuld. Die MAS-Crew tat es definitiv nicht und wird mit ziemlicher Sicherheit auch im Juni 2009 wieder mit von der Partie sein um von der 14. Ausgabe des Bang-Your-Head!!!-Festivals zu berichten. Bis dahin verabschieden sich:
Stefan Graßl (SG) und Mario Karl (MK)
Mario Karl
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