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Bei der Tour zu seinem letzten Album Couldn’t have said it better hatte Meat Loaf angekündigt, dass er keine Tour mehr geben würde. Als dann 2006 das Album Bat Out Of Hell III veröffentlicht wurde, wurde die Rockwelt hellhörig. Das Album bekam durch die Bank gute Kritiken und ich kann mich diesen Kritiken nur anschließen. Als dann bei der Tourankündigung gesagt wurde, dass er nur Songs der Bat out of hell-Trilogie spielen würde, war es für mich klar: Da muss ich hin!
Der besagte Tag rückte näher und ich machte mich mit dem Auto von Nürnberg in das 170 km entfernte München auf. Als ich an der Olympiahalle ankam merkte ich, dass die „Vorband“ bereits spielte. In der Halle war dann klar, wer Vorband ist: Marion Raven, die auf Bat Out Of Hell III mit Meat Loaf den Song „It’s all coming back to me now“ im Duett singt. Hört sich ganz nett an das ganze. Die Dame wird lediglich von einem Gitarrenspieler begleitet, was ihrem Sound einen ganz eigenen Charakter verleiht.
Die Bühne ist ziemlich toll mit den Titelbildern der drei Bat out of hell-Alben dekoriert. Als ich unten in der Arena ankomme merke ich, dass das Konzert niemals (wie bereits angekündigt) ausverkauft ist. Die Leute stehen ziemlich locker herum, es gibt kein Gedränge und die hinteren 20 Meter sind garantiert noch frei. Ich suche mir einen Platz ziemlich weit vorne und warte. Um 20.30 Uhr geht das Licht aus und es kommt eine wirklich gut gemachte Videosequenz über Meat Loaf, in der er noch lange Haare hat. Dann kommt die Band auf die Bühne und spielt ein Medley aus „Two out of three ain’t bad“ und „All rewed up and no place to go“. Auf einmal steht er auf der Bühne und ich muss gleich mal richtig lachen: Er hat sich eine Langhaarperücke aufgesetzt und sieht eigentlich fast genauso aus wie früher. Dann folgt der erste Kracher, bei dem er auch singt, nämlich „Paradise by the dashboard light“. Irgendetwas stimmt jedoch bei diesem Song noch nicht ganz, aber ich weis nicht so recht was. Sein Gesang kommt verdammt schief aus den Boxen. Seine Sängerin singt astrein. Er singt so dermaßen schief, dass es wirklich weh tut. Der Song wird extrem in die Länge gezogen, was ebenfalls stört. Danach unterhält er sich (bitte festhalten!) geschlagene 20 Minuten mit dieser Sängerin, die ihm am Schluss, sozusagen als Abschlussgag, die Perücke vom Kopf reißt. Er steht da und schaut ziemlich dumm aus der Wäsche. Ich komme mir bereits jetzt verarscht vor und setze mich in den hinteren Bereich der Olympiahalle.
Beim zweiten Song „You put the words right out of my mouth“ hoffe ich, dass sich der Gesang bessert. Man kann ja schließlich mal ein bisschen neben der Spur liegen, vor allem wenn man schon etwas älter ist. Doch weit gefehlt. Er singt im Prinzip noch schlimmer als beim ersten Song. Lediglich der weite Anfahrtsweg hindert mich daran, die Halle schon jetzt zu verlassen, denn was sich da auf der Bühne abspielt, ist einfach nur eine bodenlose Unverschämtheit. Meat Loaf singt in gebückter Haltung mit Gesicht zum Teleprompter, ist körperlich und stimmlich am Ende und sollte sich schämen in dieser Verfassung irgendeine Bühne dieser Welt zu betreten. Und sei es in irgendeinem Dreckskaff. Das Publikum reagiert gemischt. Ein Großteil der Fans klatscht und brüllt mit, ich schlage vor Verärgerung Löcher in den Hallenboden.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Es folgen Songs vom zweiten Album. Bei „I’d do anything for love“ trifft Meat Loaf nicht einen einzigen richtigen Ton, versucht es zwar, aber es klappt überhaupt nicht. Was singen bedeutet zeigt ihm einmal mehr seine Background-Sängerin. Sie hat eine kraftvolle Stimme, er dagegen eine kraftvolle Statur. Beim Song „Life is a lemon and I want my money back“ denke ich mir: Das ist das Motto des Abends, Geld zurück! „Out of the frying pan (And into the fire)“ wird von der Band sauber gespielt und mit viel Pyrotechnik untermalt. Nett anzusehen, aber der Gesang ist wieder mal mangelhaft. Bei dem Song „Rock ´n Roll dreams come trough“ denk ich mir nur: Thema verfehlt, Herr Loaf (oder wie auch immer). Richtig müsste es heißen: „When Rock ´n Roll nightmares come true“.
Dann werden Songs des neuen Albums gespielt. Mittlerweile sind bereits 90 Minuten vorbei. Im Zeitschinden ist er sicherlich besser als im Singen. Die Songs werden künstlich in die Länge gezogen, irgendwann kommt ein völlig belangloses Gitarrensolo, dass nur mit einem Gähnen quittiert werden kann. Ich laufe ein wenig in der Halle herum, das ganze nervt. „Cry over me“ könnte gut sein, ist es aber nicht. „Seize the night“ spielen sie ebenfalls, allerdings auch hier: Nur ein weiterer Sargnagel, mehr nicht. Ich nutze diesen Song, um mir mal die T-Shirt-Stände anzuschauen. Die Frechheit zieht weitere Kreise. Ein Meat Loaf-Trikot (hässlich vom Scheitel bis zur Sohle) für geschlagene 120 Euro. Bei diesem günstigen Preis sollte man sich wirklich überlegen, ob man nicht zwei mitnimmt.
Der absolute Tiefpunkt scheint jedoch noch nicht erreicht zu sein. Genau, da war doch noch was. Meat Loaf ist, wie alle wissen, auch noch ein überaus herausragender Schauspieler. Damit das Publikum die Chance hat dies sich in Ruhe zu vergegenwärtigen, verlässt die komplette Band inklusive Meat Loaf die Bühne und es folgen (untermalt von „Alive“) Filmsequenzen, bei denen er mitgewirkt hat. Das Motto des Songs ist hier natürlich auch wieder komplett daneben. „Alive“ ist Meat Loaf heute Abend sicher nicht. Danach kommt die Band wieder zurück, um „Bad for good“ zu spielen. Hier hab ich zum ersten Mal den Eindruck, dass er ein oder zwei Tönchen pro Song trifft. Ja Gott sei Dank. „In the land of the pigs, the butcher is king“ ist witzig gemacht, vor allem aufgrund der Videosequenzen. Mehr aber auch nicht. Auffällig ist während des kompletten Konzertes, dass Meat Loafs Backgroundsängerinnen immer lauter sind als er. Wahrscheinlich absichtlich. Ich hab auch den Eindruck, dass die Sängerinnen ziemlich angepisst waren aufgrund seiner Sangesleistung. Von weitem sahen die Bewegungen zumindest so aus.
Nun kommt „It’s all coming back to me now“, bei dem Marion Raven mit auf die Bühne kommt und diesen Song mit Meat Loaf im Duett trällert. Die Frau kann wirklich singen und Meat Loaf? Einfach nur schlecht, beschämend. Und das Publikum klatscht. Nun sind bereits zwei Stunden vorbei. Wenn man die Zeit zählt, in der Meat Loaf effektiv gesungen hat, waren es wohl 40 Minuten Gesang oder so ähnlich. Als Abschluss folgt „Bat out of hell“. Und da wird die eklatante Gesangsschwäche noch deutlicher. Vor allem hört man meiner Meinung nach ganz deutlich, dass seine Stimme künstlich mit technischen Hilfsmitteln nach oben gedreht wird. Schrecklich. Da singt jeder Alleinunterhalter auf der Kirmes besser. Oder anders: Falls er auf der Kirmes so singt wie Meat Loaf, bekommt er eine Bierdusche gratis. Ich platziere mich am Ausgang und warte noch den letzten Ton ab, um zum Parkhaus zu joggen. So komm ich wenigstens noch zu meinem Training. Wenn das Wort „angepisst“ irgendwie umschrieben werden kann, war ich an diesem Abend die personifizierte Angepisstheit. Ich hab ja mittlerweile wirklich viele Konzerte gesehen, aber das geht eindeutig zu weit.
Meat Loaf war einfach nur schlecht. Und ich glaub nicht einmal, dass er einen schlechten Tag erwischt hatte. Er kann es einfach nicht mehr. Ich hatte manchmal echt die Befürchtung, er stirbt direkt auf der Bühne. Wehmut kommt natürlich auch auf. Die Vorfreude war groß und dann so etwas. Dummerweise habe ich auch noch eine Karte für sein Konzert in Nürnberg. Soll ich ihm eine zweite Chance geben? Ganz klar nein! Ich werde versuchen die Karte irgendwie loszubringen.
Ich finde es generell klasse wenn Bands aus dieser Ära (siehe Black Sabbath mit Ozzy Osbourne, Jethro Tull oder Journey) noch auf Tour gehen. Es ist für jüngere Rockfans wie mich die letzte Chance, derartige Legenden live zu sehen. Weil sie es auch noch können. Wenn ich jedoch so eine Demontage erlebe wie an diesem Abend, muss ich wirklich daran zweifeln, ob derartige Touren Sinn machen. Liebe Bands, im eigenen Interesse: Bitte tourt nur noch, wenn ihr noch Eier habt, noch Lust auf den ganzen Zirkus und - ganz wichtig - es noch drauf habt. Denn nur dann behält man Euch in guter Erinnerung!
Stefan Graßl
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