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Mit der Dezemberausgabe 2020 von Musikansich startet eine neue Kolumne. Ingo Andruschkewitsch stellt nun jeden Monat ein Lied vor, das ihm über die Jahre ans Herz gewachsen ist. Sozusagen ein Lieblingslied. Eine Besonderheit wird dabei sein, dass er das jeweilige Lied selbst in einem Video präsentieren wird - manchmal eng am Original, manchmal nicht, je nach Lust und Laune.
Mit seinem dritten Soloalbum, wie seine beiden Vorgänger ohne Titel (aufgrund des Covers aber meist Melt genannt) gelang Peter Gabriel der Durchbruch als Solokünstler. Doch bevor 1980 das Album erschien musste er erste einmal verkraften, dass Atlantic Records, die Plattenfirma, die seine ersten beiden Solowerke in den USA vertrieb, sich weigerte, das Album in den USA zu veröffentlichen. Zu wenig kommerziell und künstlerischer Selbstmord, so die Meinung der damaligen Verantwortlichen. So erschien das Album 1980 in Europa wie gewohnt bei Charisma Records, doch in den USA waren es Mercury Records (später wurden die Rechte an Geffen weitergegeben), die den Vertrieb übernahmen. Eine kluge Entscheidung von Mercury, denn das Album enthielt unter anderem seinen ersten Top 10 Hit in seiner britischen Heimat Großbritannien, “Games Without Frontiers“. Und auch “No Self Control“ und “Biko“ gelangten in die Charts. Das Album selbst erreichte die Nummer 1 in den UK Charts und immerhin den 22-sten Platz in den USA. Nicht schlecht für ein ‚unkommerzielles‘ Werk.
Ich selbst kam erst etwas zwei Jahre nach Erscheinen des Albums damit in Berührung. Nachdem ich mit 14 Jahren begann, mich auf Genesis tiefergehend einzulassen (was bis heute nie nachgelassen hat), war der Weg zu Peter Gabriels Solowerken nicht mehr weit. Peter Gabriel 3 - Melt war mein erstes Soloalbum, welches ich von ihm gekauft habe und war sofort fasziniert von der Neuartigkeit der Musik. Neben “Biko“ war “Games Without Frontiers“ mein Lieblingssong der Platte, auch wenn ich damals nicht viel vom Text oder gar Inhalt verstand. Bei der Textzeile, ‚Jeux sans frontiers‘, welche von Kate Bush gesungen wird, verstand ich damals immer ‚she’s so beautiful‘ und sang es beherzt mit.
Heute, fast vierzig Jahre später, bin ich etwas schlauer, handelt es sich bei “Games Without Frontiers“ doch um ein Antikriegslied. Peter Gabriel nimmt dabei auch Bezug zu einer Fernsehshow, die damals mit Erfolg auch im deutschen TV lief. Bei ‚Spiel ohne Grenzen‘ (in England hieß die Show ‚It’s a knockout‘) traten Mannschaften aus verschiedenen europäischen Städten in lustigen Spielen und oftmals in dümmlich-bizarren Verkleidungen gegeneinander an. Damals ein großer TV-Erfolg und Unterhaltung für die ganze Familie. Und so kann man dann auch die Textzeile im Refrain leichter nachvollziehen: besser Spiele ohne Grenzen, einen Krieg ohne Tränen veranstalten, als ein richtiger Krieg.
Musikalisch lebt das Lied, wie so oft bei Peter Gabriel, von einem starken Groove (Percussion und Synth-Bass). Nicht wirklich kompliziert aber sehr effektvoll eingesetzt. Dazu stechen eine geslidetete Gitarrenlinie von Beginn an und eine gepfiffene Passage heraus. Insgesamt ein sehr offen gestaltetes Arrangement, das auch heute noch bestens funktioniert und auch in den Live-Shows immer wieder überzeugen konnte.
Meine Version setzt stark auf den Slide-Effekt. Die Harmonien von Strophe und Refrain habe ich etwas abgewandelt, um das Arrangement mit nur einer Konzertgitarre etwas füllen zu können.
Es macht Spaß, den Song zu spielen und zu singen. Eigentlich auf den ersten Blick für nur eine Gitarre wenig geeignet, ist es doch problemlos machbar. Dass es funktioniert, zeichnet immer wieder ein gutes Lied aus. “Games Without Frontiers“ überzeugt auch vierzig Jahre nach seinem Erscheinen. Eines meiner absoluten Lieblingslieder.
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