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Info
Zeit: April 2015
Ort: Lauda-Königshofen - Tauberfrankenhalle
Besucher: 2.000
Internet:
http://www.keep-it-true.de
https://www.facebook.com/keepittruefestival
http://www.sacredmetal.de/board/viewforum.php?f=11
Wie schon in den vielen Jahren davor, wurde Lauda-Königshofen Ende April wieder einmal zur Pilgerstätte für Freunde des wahren Stahls, der hier mit soviel Hingabe und Wurzeltreue wie nur an wenigen Orten sonst noch (vielleicht noch beim Headbangers Open Air oder auf dem Up the Hammers in Griechenland) geschmiedet wird. Es ist immer wieder beeindruckend, welch tolles Festival das Veranstalterteam des Keep-it-true über die Jahre hinweg geschaffen hat. Die leidenschaftlichen Fans kommen nicht nur wegen der Party nach Tauberfranken, sondern viel mehr, weil sie den Metalspirit regelrecht leben. Auch für die 18. (!) Ausgabe haben Oliver Weinsheimer & Co. wieder ein feines Paket geschnürt, das einiges versprach und auch hielt. Vom hoffnungsvollen Newcomer über wiedererstarkte Helden und alte Legenden bis zu spannenden Geheimtipps reicht das Programm 2015. Ansonsten hielt man sich an das Bewährte und justierte nur an den Stellschrauben. Will heißen: den Metalmarkt gibt es nach wie vor und vor der Halle eröffnete man zum ersten Mal einen Biergarten mit Getränke- und Essensverpflegung. Einen sehr gute Idee, die man schon viel früher hätte verwirklichen können. Im nächsten Jahr soll sich allerdings etwas ändern. Dieses Mal war der Ansturm auf Karten für das nächste Festival derart groß, dass sie kurz nach Türöffnung bereits ausverkauft waren. Ein gewisses Kontingent wurde allerdings auch zurück gehalten, um es ab Montag im Online-Shop von Nuclear Blast loszuschlagen. Ob es an der Ankündigung der Reunion von Fates Warning mit John Arch 2016 lag oder weil das Festival immer mehr von feierwütigem Volk überrannt wird? Egal wie, bei den Hardcore-Fans kam das nicht so gut an und deshalb wird der Metalmarkt nächstes Jahr aus der Halle verbannt, um Platz für mehr interessiertes Publikum zu machen. Das Keep-it-true wächst also. Ob dies dem Festival am Ende bekommt oder nicht, muss man nächstes Jahr sehen. Kümmern wir uns erst einmal um 2015.
Aller Anfang ist bekanntlich schwer und so bekommt man als Opening-Act in diesem Jahr nicht gerade einfachsten Easy-Listening-Sound vorgesetzt. SACRAL RAGE bieten technisch hochwertigen Stoff im US-Format vorgesetzt. Kombos wie Toxik, Watchtower oder Hades schienen hier Pate gestanden zu haben. Dabei sind die vier Herren gar keine Amis, sondern Griechen. Macht aber nix. Das Ganze fetzt und die Musiker lassen deutlich erkennen, dass sie richtig etwas auf dem Kasten haben. Allerdings ist seitens der Fans - die die Halle schon mehr als ordentlich füllten - noch eher bedächtiges Zuhören als absolutes Ausrasten angesagt. Man muss sich schließlich erst aklimatisieren und sich in der Lokalität heimisch machen. Trotzdem waren die Reaktionen durchwegs positiv. Vor allem als Hades-Sänger Alan Tecchio, der am nächsten Tag mit Heathen's Rage die Tauberfrankenhalle rocken sollte, die Bühne betrat und mit Sacral Rage den Klassiker „The Leaders“ zum Besten gab. Nicht schlecht die Herren. Nach drei weiteren Songs war dann Schluss. Gute Band, aber für den Anfang vielleicht etwas zu wenig eingängig.
Geografisch blieb man mit THE UNHOLY im Süden Europas. Allerdings wanderte man ein ganzes Stück nach Westen. Genauer gesagt nach Portugal. Doch während Band Nummer 1 erst kürzlich bei Cruz del Sur ihre Debütalbum veröffentlichte, befindet sich das Quartett mit der Sängerin Sara Steel (was mal wieder für ein einfallsloses Pseudonym...) nach wie vor im Demostadium. Die Musik wurde jetzt auch wesentlich straighter. Die NWOBHM scheint bei der Band großen Eindruck gemacht zu haben. Dazu kommt ein gewisser Touch von amerikanischen Power Metal, was man vor allem mit der Ruffians-Coverversion „Fight for your life“ bewies. Alles ganz nett. Doch leider schafft es die an sich sympathische Sängerin nicht wirklich die Songs richtig zu verkaufen. Und auch sonst sind The Unholy keine echten Rampensäue. Allerdings hat sich die Halle mittlerweile auch ein wenig geleert. Das gute Wetter und der neu eingerichtete Biergarten sind eben Lockmittel. Sei's drum: die Band genoss es trotzdem sehr, einmal auf dieser Bühne stehen zu dürfen.
Mit Zurückhaltung war es mit der dritten Band allerdings vorbei. Die weit gereisten COBRA machten keine Gefangen und haute mit ihrem speedigen Traditionsstahl voll ins Mett. Wenn Spielfreude einen neuen Namen bräuchte, dann müsste er Cobra lauten. Mit soviel Leidenschaft wie die Peruaner sind an diesem Tag nur wenige Bands gesegnet. Die positive Verrücktheit und Wildheit ihrer zweiten Platte To Hell kam auch live mehr als gut rüber. Vor allem Sänger Harry peitschte an Publikum pausenlos aus und die Saitenfraktion haute ein zackiges Riff nach dem anderen raus. Verschnaufpausen fürs Publikum? Fehlanzeige! Das Haupthaar wurde vor der Bühne jedenfalls ordentlich geschüttelt. Leider hatte der Mann hinter dem Mischpult weniger Erbarmen mit den Fans. Statt auf fett oder geil setzte der vor allem auf laut. Trotzdem wurde ordentlich abgefeiert. Nach ihrem Auftritt verhökerten Cobra das ganze Festival lang Shirts und Platten aus einem Kombi heraus. Keine Frage, dass sie nicht mehr allzu viel Zeug mit nach Hause nehmen mussten. Mal wieder ein guter Beweis, dass man auch mit wenig speziellen Sound Begeisterung hervorrufen kann, wenn man sich nur richtig verkaufen kann.
Mit MINDLESS SINNER wurde es wieder etwas spezieller. Irgendwann in den 80ern veröffentlichte die Band eine EP und ein Album und versank wieder in der Versenkung. Allzu viele dürften diese Platten auch nicht besitzen. Allerdings hatten die Schweden ein paar Fans aus der Heimat mitgebracht, die die Band ziemlich abfeierten. Zu hören gab es geradlinig und einfach gehaltenen Euro-Metal zum Fäusterecken und Mitgrölen - sofern man die Songs kennt. Nichts Spezielles, aber reingelaufen ist das Ganze gut. Wer sich darauf einließ, dürfte seinen Spaß gehabt haben. Allerdings wirkten die ergrauten Herren etwas hölzern, so dass der Funke nicht so ganz übersprang. Nicht so schlimm. Vor allem die Hardcore-Fans hatten großen Spaß an der Chose.
Kommt man auf legendäre weibliche Stimmen aus deutschen Landen im Hartwurstsektor zum Sprechen, fällt mit Sicherheit zuerst der Name Doro Pesch. JUTTA WEINHOLD vergisst man leider immer etwas. Nicht so die Veranstalter des Keep-it-true. Typisch für das Festival hat man sich für das Konzert der Dame allerdings etwas Besonderes ausgedacht. So stehen heute ausschließlich Songs der beiden Alben von Zed Yago auf dem Programm. Velvet Viper und die zahlreichen anderen Projekte der Dame werden ausgeklammert. Über diese Tatsache dürften die KIT-Besucher aber nicht besonders traurig gewesen zu sein. Jutta und ihre drei Herren wurden dementsprechend ziemlich abgefeiert. Die Dame hat auch mir ihren stattlichen 67 (!) Jahren nach wie vor riesiges Charisma und eine tolle, kraftvolle Stimme, mit denen sie die Leute mitreißen kann. Ihr Alter ließ sie sich auch sonst nicht anmerken und Songs wie „Zed Yago“, „The Spell from over yonder“ oder „Revenge“ sprechen für sich. Die Stimmung steigerte sich noch mehr, als die Band die Hymne „Black Bone Song“ aus dem Hut zauberte. Hierzu bat Weinhold zahlreiche Fans auf die Bühne, die sich im Nullkommanichts ordentlich füllte. Ein echter Stimmungshöhepunkt des Festivals. Mit „Rocking for the nation“ wurde ein Konzert beendet, das sicherlich keinen enttäuschte und so manchen Skeptiker überzeugte.
Eines ist eine ausgemachte Sache: Kein Keep-it-true ohne eine echte Band der New Wave of British Heavy Metal! Da man die damalige Szene schon gut abgegrast hat, muss man immer tiefer graben. Dieses Jahr zog man FIST aus der Versenkung. Bis auf Sänger/Gitarrist Glenn S. Howes sind 3/4 der Band sogar noch original. Dementsprechend hielt man sich auch an die Frühphase und ging weniger brachial wie bei der ersten Reunion vor einem Jahrzehnt zu Werke. Keine schlechte Entscheidung. Vor allem, wenn man es mit einer derartigen Lockerheit tut. Mit ihrem warmen und eingängigen Sound unterhielt man das Publikum bestens. Die Band spielte sich mit viel Spaß durch ihre beiden Frühwerke Turn the hell on und Back with a vengeance. Mögen die auf der Bühne stehenden Herren auch reichlich ergraut sein. Die Songs klingen auch heute noch angenehm zeitlos. Zumindest für das typische Keep-it-true-Publikum. Dieses nahm das Ganze auch mit großem Wohlwollen entgegen. „Name, rank and serial number“ hieß am Ende der Hit, der aus zahlreichen Kehlen erklang. Gutes Ende eines kurzweiligen Auftritts, der vielleicht nicht zu den absoluten Über-Highlights zählt, aber gut unterhielt.
Eines der großen Highlights des Festivals folgte dafür auf dem Fuße. Dabei war die folgende Band derart untypisch für das KIT, dass man umso überraschter über die ihnen entgegen gebrachte Sympathie war. Die um die beiden Brüder Rob und Randy Davis gescharten ASHBURY waren viel mehr gemäßigter Classic Rock im Jethro-Tull-Format als Metal. Also nix fürs beherzte Headbangen, sondern die Gelegenheit mal die Seele etwas baumeln zu lassen. Zwar hatte man seit 1983 nur zwei Alben veröffentlicht. Doch das vorhandene Songmaterial reichte um das Publikum zu verzaubern. Der warme, natürliche Klang und die unwiderstehlichen Melodien sowie feinen Harmonien verbreiteten eine schon fast magische Stimmung. Die nicht mehr ganz jungen Musiker ruhten regelrecht in sich und waren umso mehr überrascht, wie warm sie empfangen wurden. Spätestens beim Titel „Mystery Man“ stand die ganze Halle Kopf. Nicht schlecht für eine Band, die sehr weit unter dem Radar fliegt und sonst nur einem ausgewähltem Publikum bekannt ist. Einziger Wermutstropfen waren die technischen Problem des als Gast eingesprungenen, weiteren Gitarristen. Überhaupt wirkte die Band immer wieder etwas unbeholfen. Oder war es eher die Überraschung, welches Fass sie selbst aufmachten? Jedenfalls kamen die Herren unumwunden sympathisch bodenständig rüber. So war es am Ende eben auch ein Tribut an ihre großen Vorbilder, als setlisttechnische Einfallslosigkeit, als Ashbury sich mit dem Jethro-Tull-Cover „Aqualung“ verabschiedeten. Also doch noch ein heavy Riff. Gebraucht hätte es das vielleicht nicht. Trotzdem war es ein toller Abschluss eines denkwürdigen Auftritts!
Wer auf die Macht des Powerchords steht (wie die meisten Anwesenden...) kam dafür im Anschluss wieder auf seine Kosten. LEATHERWOLF hatten sich angesagt. Hierbei handelte es sich um die Leatherwolf um die beiden Original-Mitglieder Michael Olivieri (Gesang, Gitarre) und Dean Roberts (Schlazeug). Dass weitere Ex-Mitglieder am liebsten auch den klangvollen Namen für sich in Anspruch nehmen möchten, interessierte an diesem Abend nicht allzu viele. Viel mehr interessierte sich der gemeine Headbanger dafür Songs der ersten drei Alben der Band zu hören. Und davon gab es eine ganze Ladung zu hören. „Spiter“, „Rise or fall“ und „Street ready“ war ein Eröffnungstrio, das sich gewaschen hat. Dargebracht wurde das Ganze von einer Band, die typisch amerikanisch ist. Immer ein bisschen poserhaft, immer ein bisschen großkotzig - rockt aber wie Sau! Leider kam beim matschigen Sound die Dreifach-Axt-Attacke nicht so richtig zur Geltung. Ins Programm hatte man die meisten Großtaten der Band gepackt. „Gypsies and thieves“, „Kill and kill again“ und „Thunder“ versetzten das Publikum in Ekstase. Wohlwollend aufgenommen wurde auch ein Cover von Judas Priests „Victim of changes“, das man bereits an vierter Stelle packte. Gut gespielt, aber die überlange Nummer hätte dann doch lieber für zwei Eigengewächse Platz gemacht. Ein überraschendes davon war „Alone in the dark“ vom Film-Soundtrack zu „Return of the Living Dead II“. Wie fasst man den Gig nun zusammen? Eine stark auftrumpfende Band, die gesanglich und spielerisch nichts anbrennen ließ, eine Setlist die für den einen oder anderen Fan nicht ganz optimal zusammen gestellt war und ein Sound der zu wünschen übrig ließ. Davon abgesehen war es trotzdem eine Stunde exzellenter, kraftvoller Metal wie er nur aus den USA kommen kann. Hat Spaß gemacht!
ULI JON ROTH tourt jetzt schon eine ganze Zeitlang mit seinen alten Scorpions-Songs durch die Lande und kommt damit sehr gut bei seinen alten Fans an. Ob dieser gut abgehangene Hardrock auch bei einem Festival wie diesem hier funktioniert? Schlicht und einfach: ja! Die frühen Scorpions sind schließlich ein großer Markstein in Sachen harter Rock und Alben wie Virgin Killer oder Tokyo Tales haben mit Sicherheit viele KIT-Besucher im Plattenschrank stehen. So wurden Roth und seine Band mit sehr weit geöffneten Armen empfangen. Das war schon im Vorfeld klar, wenn man sah, wie lang die Schlange bei der Autogrammstunde des Gitarristen war. „All night long“ und „Pictured life“ hießen an diesem Abend die Türöffner und sie wurden wirklich stark dargebracht. Roth stellte sich keineswegs in den Vordergrund, sondern gab sich als ein Bandmitglied von mehreren, selbst wenn er sämtliche Ansagen übernahm. Dabei spielte er mit Leichtigkeit und mit viel Freude an der Sache seine alten Songs. Der stets optisch als Hippie auftretende Herr schien regelrecht über den Dingen zu schweben, wenn er seine Sky-Guitar bearbeitete. Er ist zweifelsohne ein richtiger Gitarrenheld, lässt dies aber nie wirklich raushängen, selbst wenn er - vor allem im letzten Drittel - immer wieder längere Soli einstreute. Von Lied zu Lied steigerte sich die Stimmung merklich. Höhepunkte waren „The Sails of Charon“, „We'll burn the sky“, „Dark Lady“ und „In Trance“, das sehr laut aus hunderten Kehlen erklang. Wer da keine Gänsehaut bekam, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Entscheidung Uli Jon Roth hier spielen zu lassen war somit eine komplett richtige. Selbst wenn man statt der Dylan-/Hendrix-Verbeugung „All along the watchtower“ lieber noch einen eigenen Oldie gehört hätte.
Wer auf Gitarrenhelden anderer Natur steht, der kam am Ende des ersten Festivaltags vollends auf seine Kosten. EXCITER waren in den letzten Jahren ziemlich umtriebig. Doch heute gab es den wahren Jakob. Nicht nur Gitarrist John Ricci war wieder mit von der Partie. Nein, mit Bassist Alan Johnson und dem singenden Schlagzeuger Dan Beehler war tatsächlich das Ur-Lineup der kanadischen Speedmetal-Pioniere auf der Bühne versammelt, das die drei Trümmeralben mit den klangvollen Namen Heavy Metal Maniac, Violence & Force und Long Live the Loud einspielte. Also nix für Schöngeister. Da hieß es die letzten Reserven mobilisieren und sich in den Pit stürzen. Denn das Trio machte von Anfang an klar, dass sie keine Gefangen machen werden. Trotz fortgeschrittenem Alter (das letzte gemeinsame Album ist schließlich auch schon geschlagene 30 Jahre alt...) bretterten Exciter wie gewohnt gnadenlos los. Simpel und effektiv - so sind die Songs. Und diese Formel funktioniert nach wie vor. Vor allem, wenn das Ganze so mitreißend wie an diesem Abend dargeboten wird. Für das, dass sich die drei Herren angeblich nicht riechen können, hatte man augenscheinlich ziemlichen Spaß bei der Sache. Zusätzlich strahlte man diesen gewissen Wahnsinn aus, der einfach zu dieser Musik gehört. Das übertrug sich auch aufs Publikum, das ebenso Gas gab. Kein Wunder, wenn man eine Abrissbirne nach der anderen wie „Heavy Metal Maniac“, „Rising of the Dead“, „Pounding Metal“, „Long live the Loud“ oder „Evil Sinner“ raushaut. Lediglich das schräge Gitarrensolo von John Ricci war wohl eher ein schlechter Witz. Oder doch eine Parodie auf den Saitenhexer der vorher spielte? Egal, zumindest war es etwas Abwechslung zwischen dem mit der Zeit doch etwas eintönigen Songmaterial, das doch so einige ermüdete. Wen das nicht störte, der bekam eine ordentliche Schlachtplatte serviert, wie man sie sich im Vorfeld gewünscht, aber vielleicht nicht erwartet hatte. Kein Konsens-Headliner, aber trotzdem nicht der schlechteste Abschluss für den ersten Tag!
Da hieß es das letzte Bierchen leeren und ein wenig Kraft für den zweiten Tag sammeln. Denn dieser sollte auch so manches Highlight bereit halten...
Ob IRON THOR ein solches waren, ist allerdings sehr subjektiv. Die vier Jungs aus dem Umfeld von Iron Kobra sind die einzige offiziell autorisierte Tribute-Band des Kanadiers Thor. Dabei wirken Iron Thor halb wie ein lieb gemeinter Tribut, halb wie eine Parodie. Denn das Quartett hat alles mit an Bord, was es bei dem Original auch gibt und das zumindest optisch für Unterhaltung sorgt: einen wie aus einem Steinblock geschlagenen He-Man als Sänger, leicht bekleidete Amazonen, die sich als Tänzerinnen versuchen, verkleidete Ringkämpfer und einen Thorshammer, aus dem nur noch züngelnde Blitze fehlten. Wenn man das Ganze mit Humor nimmt (was die Band zweifelsohne selbst tut), macht das Ganze Spaß. Zudem sind die Songs des kanadischen Originals recht einfach gestrickt und sind so eine gute Aufwärmübung für die vom ersten Tag noch immer geschundenen Ohren. Ein Großteil des Publikums sah das ähnlich. Denn es muss ja nicht immer nur der nieveauvolle Krach sein. Hin und wieder schaut man sich ja auch ganz gerne Bud-Spencer-Filme oder Wrestling an. Darauf ein beherztes „Prost“ und „Rülps“!
Mit MAUSOLEUM GATE ging es anschließend wieder „normal“ weiter. Wieder ein paar Schützlinge vom italienischen Feinschmeckerlabel Cruz del Sur (dessen Boss Enrico natürlich ebenfalls mit einem eigenen Stand vertreten war), wieder origineller Stahl. Aus Elementen wie NWOBHM-Wurzeln, einem Hauch von Doom Metal und 70's Hardrock sowie einer Portion Kauzigkeit kochen die Finnen ihr ganz eigenes Schwermetall-Süppchen. Erst im letzten Jahr veröffentlichte man sein titelloses Debütalbum, aus dem man sich natürlich bediente. Die Ausstrahlung war etwas eigenwillig. Aber trotzdem wusste die Band zu überzeugen. Vor allem der latent überdrehte Gesang passte zu den teils theatralischen Songs, die allerdings beim Erstkontakt nicht ganz so leicht zu fassen waren. Eine kleine eingängige Hymne hatte man ganz am Ende mit „Obsessed by Metal“ trotzdem mit an Bord. Da dies auch für das anwesende Publikum gilt, war der Applaus spätestens hier sicher. Eine Band, die man vielleicht mal im Auge behalten sollte.
Im Auge behalten sollte man auch ARTIZAN, die erst kürzlich mit The Furthest Reaches ein gutes, neues Album voller leicht progressiv angehauchtem, melodischen US-Metal veröffentlichten. Das Quintett präsentierte sich als tighte, gut eingespielte Truppe, die ihr Songmaterial adäquat auf die Bühne bringen kann. Aushängeschild ist dabei zweifelsohne Sänger Tom Braden, der seine theatralischen Gesangslinien vor dem Mikroständer stehend stets mit großen Gesten untermalte. Alleine ihm zuzuschauen machte schon Spaß. Die Musik der Band vereinte Anspruch und Eingängigkeit, so dass man sich etwas mehr Publikum gewünscht hätte. Denn dieses hatte sich etwas ausgedünnt und genoss lieber die Sonne draußen, anstatt sich in die aufgeheizte und stickige Halle zu stellen. Artizan boten einen interessanten Querschnitt durch ihre drei Alben und packten sogar eine Nummer („Leviathan“) der Prog-Powerband Leviathan, bei der Sänger Braden und Schlagzeuger Ty Tammeus einst Mitglied waren, ins Programm. Eine kleine, angenehme Überraschung für Hardcore-Fans.
Von großem technischem Anspruch sind KILLER im Anschluss weit entfernt. Die Belgier mögen es straight und einfach. Hier steht eindeutig eine Band wie Motörhead Pate. Also der richtige Sound für einen gemütlichen Nachmittag. Rock'n'Roll, hell yeah! Die Leute schienen auch genau auf so etwas gewartet zu haben. Denn es wurde wieder voll und die Stimmung war von Anfang an äußerst gelöst, als der letzte verbleibende Ur-Killer, Gitarrist und Sänger Paul „Shorty“ (wer ihn sieht, weiß auch warum er so genannt wird) Van Kamp, die Fans mit „Good afternoon Keep-it-true!“ begrüßt. One, two, three... und los ging die Party. Die Band zockte voller Elan (Bassist Jakke ließ sich später sogar zu einem ausgedehnten Spaziergang durchs Publikum verleiten) und hatte jede Menge Spaß auf der Bühne. Die Leute vor der Bühne genauso. Es wurde geheadbangt, die Fäuste in die Luft gereckt und ordentlich mitgegrölt. Die richtige Mucke zur richtigen Zeit also. Musikalisch fühlte man sich voll zurück in die 80er katapultiert. Das unterstützte zudem die passend betitelte neue Nummer „Back to the roots“, das ob seine Simplizität sofort ins Ohr ging. Zuhause hört man sich das wohl nicht allzu oft an. Doch live funktioniert die Chose hervorragend. Eine coole Sache war das!
HEATHEN'S RAGE ist auch wieder so ein typisches KIT-Ding. Mitte der Achtziger hatte die Band eine EP veröffentlicht, die keiner wirklich im Original zu Hause hat, heute im Untergrund aber Kult ist. Danach brachte man allerdings nicht mehr als ein paar Demo-Aufnahmen zustande, so dass die Auflösung nur konsequent war. Jetzt also eine Reunion. Mit dabei sind die Originalmitglieder Chris Teresyn (Schlagzeug) und Rob Warner (Gitarre). Mit Bass-Tausendsassa Mike LePond (u.a. Symphony X) hat man zudem ein äußerst bekanntes Ex-Mitglied an Bord. Dieser brachte von seinem Nebenprojekt Silent Assassin Hammer-Sänger Alan Tecchio mit und ein kräftiges Lineup stand. Heathen's Rage boten ziemlich kraftvollen Metal amerikanischer Prägung. Das spielerische Niveau war hoch. Vor allem Oberprofi LePond war eine Schau. Mit welcher Lässigkeit er die wildesten Läufe aus seinem Instrument zauberte war sehr beeindruckend. Besser klang die Band früher wohl kaum. Zudem schwappte einem ein riesiger Enthusiasmus aus Richtung Bühne entgegen. Kein Wunder, dass das Publikum hier steil ging. Die Vorstellung war mitreißend, selbst wenn man die Songs der Band nicht kannte. Nummern wie „Dark Storm“ oder das abschließende „Knights of Steel“ gingen trotzdem gut ins Ohr. Letzteres entpuppte sich sogar als richtige Hymne, die lauthals mitgesungen wurde. Das KIT-Publikum ist halt doch ein eingeschworener Haufen, das jede noch so unbekannte Truppe auf ein Podest zu heben weiß. Umso mehr genossen Heathen's Rage ihren Auftritt. Ob da noch etwas von den Amis kommt? Wäre doch bestimmt nicht schlecht.
Mit SHOK PARIS rockte die nächste US-Band das Auditorium. Ich kann mich erinnern, dass die Band vor rund einem Jahrzehnt auch auf dem Bang-Your-Head zu Gast war und das im Nachmittagsprogramm kaum jemand interessierte. Das kann in Königshofen natürlich bei derart enthusiastischen Fans kaum passieren, selbst wenn sich die Halle jetzt etwas leerte. Die Stimmung war so von Anfang zwar gelöst, aber der letzte Funke sprang noch nicht wirklich über. Ganz rund lief die Maschine, zu der nach wie vor die Originalmitglieder Ken Erb (Gitarre) und Vix Hix (Gesang - wie gewohnte im typischen Bandana-Sonnenbrillen-Outfit) gehören, zuerst auch nicht. Man brauchte ein paar Songs, bis das Ganze so richtig ins Rollen kam. Dabei verwöhnte man das Publikum mit einigen Volltreffern des 1987er Bandklassikers Steel and Starlight (u.a. „Hot on your heels“, „Castle Walls“ und der Titeltrack). Aber auch von den anderen beiden Alben (viel mehr hat man ja nicht zur Verfügung...) hatten es Leckerli wie „Go down fighting“ oder „Burn it down“ ins Set geschafft. Man kündigte sogar ein neues Album an, das nach einer langen Arbeitszeit tatsächlich erscheinen soll. Den einen oder anderen wird diese Nachricht gefreut haben. Insgesamt war es ein netter Gig, bei dem man allerdings nicht traurig sein muss, hätte man ihn verpasst. Der Fan hatte bei der Truppe seinen Spaß - und das reicht doch auch, oder?
Zurück nach Europa, etwas Legendenluft schnuppern. Zwei Mitglieder von M-PIRE OF EVIL - genauer gesagt Ur-Gitarrist Mantas und Interims-Sänger/Bassist Tony „Demolition Man“ Dolan - waren schließlich früher bei Venom. Und das Konzert des Trios sollte auch eine Art Tribut-Veranstaltung an die Black-Metal-Pioniere werden. So war es auf den Plakaten angekündigt. Doch zuerst gab es einmal Dienst nach Vorschrift und man haute fünf Eigengewächse raus, die stilistisch natürlich nicht allzu weit von der Mucke Venoms entfernt ist. Angeschwärzter Thrash Metal mit jede Menge Wumms. Das haute schon ordentlich rein. Mantas spielte mit einer Seelenruhe seine brachialen Riffs, während Dolan den wilden Irren gab. Nicht schlecht, aber das Publikum wartete auf etwas anderes. Da gab es dann auch in Form der beiden Klassiker „Black Metal“ und „Countess Bathory“. Kein Wunder, dass die Fans hier steil gingen. Nach letzterer Nummern nahm man allerdings den Schwung aus dem Ganzen und baute eine Pause sein, nach der etwas ganz Großartiges passieren sollte. Leider dauerte diese Unterbrechung, in der nichts passierte, ziemlich lang. Wer an diesem Tag bereits am Merchandising-Stand war, wusste auch was kommen sollte: Venom-Ur-Drummer Abaddon gesellte sich hinzu und man spielte unter dem Banner VENOM INC. weiter. Nun war sie also wieder vereint, die Besetzung, die zwischen 1989 und 1992 drei Alben einspielte. Das sind natürlich ausgerechnet die, die man heute nicht gerade meint, wenn man über Venom spricht. Allerdings spielten die drei Herren ihre sicheren Karten aus und vergriffen sich doch an den alten Schoten der Band, auch wenn es nicht die ganz großen Bekannten waren, sondern Nummern wie „Bloodlust“, „Die Hard“ oder „In Nomine Satanas“. Den Fans gefiel es. Leider war der Zauber nach sechs Songs auch schon wieder vorbei. Vielleicht hätte doch auf die überlange Pause verzichten sollen. Am Ende war es trotzdem ein knackiger Gig, der bei Rumpelfanatikern ebenso offene Türen einrannte, wie Exciter tags zuvor.
Danach war es wieder an der Zeit für melodischeren Stoff. Zeit für einen weiteren Auftritt des KIT-Dauergasts Harry Conklin. Dieses Mal hatte er wieder TITAN FORCE um die Flores-Brüder Stefan und Mario mitgebracht. Nur zu gerne erinnert sich der Rezensent an den letzten Auftritt der Band bei der zehnten Ausgabe 2008 zurück. Das Konzert war eines der großen Wochenend-Highlights. Und soviel kann man schon vorweg nehmen: 2015 sollt es nicht viel anders sein. Viel Neues hatten Titan Force seitdem allerdings nicht geleistet. Mit Force of the Titan hat man lediglich eine neue Demo-Compilation unter die Leute gebracht, von der man „Too late“ als Eröffnung wählte. Der Sound war gut und die Band hervorragend eingespielt, so dass einem großen Auftritt nichts im Wege stand. Eine Klasse für sich war natürlich abermals Sänger Conklin, der vom Anfang bis zum Ende keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigte und selbstverständlich immer noch ein mitreißender Frontmann ist. Die Band machte es dem Mann auch leicht. Denn man zauberte ein hervorragende musikalisches Fundament, das keine Wackler zuließ. Was es sonst so im Laufe der 75 Minuten zu hören geben würde, war im Vorfeld natürlich schon ziemlich klar, nachdem man es in seiner Karriere auf lediglich zwei Alben brachte. Diese bieten mit ihrem leicht progressiv angehauchten Powermetal allerdings genug hochkarätiges Songmaterial. Ein paar Highlights gefällig? Gut. „Shadow of a promise“, „Master of disguise“, „Fields of Valor“, „Chase your dreams“. Eine unerwartete Rarität packte man zudem mit dem 94er Demo-Track „Only the strong“ aus. Leider beging man auch wie am Tag zuvor Leatherwolf den Fehler statt eigenen Songs eine Coverversion zu spielen. Iron Maidens „22 Acacia Avenue“ war zwar toll. Aber wie oft bekommt man sonst schon die Gelegenheit Titan Force zu sehen? Diesen Makel blies die Band allerdings mit einem grandios dargebotenen „Blaze of Glory“ weg, mit dem man sich verabschiedete. Es war in allen Belangen ein wirklich großartiger Auftritt, an den man sich auch im Nachhinein noch gerne zurück erinnert.
Auftritt der Hammervokalisten, Teil 2: Bühne frei für RIOT V mit Neu-Sänger Todd Michael Hall. Was der Mann in den folgenden 105 Minuten leisten sollte, war wirklich außerordentlich. Quer durch die gesamte Riot-Historie wurde er sämtlichen Vorlagen seiner Vorgänger gerecht und zeigt zu keiner Sekunde eine Schwäche. Da verzieh man ihm auch gerne, dass er auf poserhafte Art und Weise zum Ende hin seinen gestählten Conan-Oberkörper zur Schau stellte. Insgesamt präsentierten sich Riot V derart professionell und gleichzeitig so leidenschaftlich wie nur wenige Bands an diesem Wochenende. Stellenweise verschlug es einem fast die Sprache. Der verstorbene Bandgründer Mark Reale wäre zurecht stolz auf seine Schützlinge gewesen. Schade, dass der Soundmensch kein allzu großes Erbarmen mit den ausrastenden Fans hatte. Denn das klangliche Endergebnis war schon fast genauso grenzwertig wie im Jahr zuvor bei im Jahr zuvor bei Metal Church. Merke: laut ist nicht gleich gut. Trotzdem war der Auftritt ein hervorragender Abschluss des Wochenendes. Riot machte es einem mit der Wahl ihrer Setlist wieder einmal bewusst, wie viele Gassenhauer auf das Konto der US-amerikanischen Band gehen. Der Einstieg mit dem Instrumental „Narita“ sowie „Ride hard live free“ und „Fight or fall“ war bereits famos. Weitere Sahnebonbons wie „Johnny's back“, „Metal Warrior“, „Outlaw“, „Wings are for angels“, „Bloodstreets“ oder „Flight of the warrior“ ließen die Fans ausrasten. Sogar das tolle „Angel Eyes“ aus der Phase mit Mike DeMeo hatte es ins Programm geschafft. Mitsingalarm war immer wieder angesagt. Kein Wunder, dass sich die Band davon anstecken ließ und ordentlich Gas gab. Da musste Hall auch gar nicht mehr seine vorhandenen Qualitäten als Frontmann beweisen, denn das Ganze entwickelte sich zu einem richtigen Selbstläufer. Kein Wunder, dass die Zugabenrufe am Ende ziemlich laut waren. Mit was Riot V Schluss machten? Ganz klar, zwei Songs hatten noch gefehlt: „Swords and Tequila“ sowie das obligatorische „Thundersteel“, bei dem er Endorphinspiegel ein letztes Mal in unerklimmliche Höhen stieg. Ein starker Abschluss eines starken Konzerts und überhaupt eines wieder mal äußerst feinen Wochenendes!
Schade, dass man wieder ein Jahr warten muss, bis schwermetallische (Semi-)Legenden und hoffnungsvolle Newcomer die Tauberfrankenhalle zum Beben bringen. Ein großer Teil des Programms für die 2016er Ausgabe des Festivals steht natürlich schon. Neben der bereits in der Einleitung erwähnten erneuten Fates-Warning-Zusammenführung mit John Arch wurden u.a. die Kanadier Razor sowie die Briten Praying Mantis und Heir Apparent mit speziellen Oldschool-Shows, die Rods, SDI, Artch, Iron Kross sowie Deadly-Blessing-Frontmann Ski und Anacrusis-Vordenker Kenn Nardi angekündigt. Klingt nicht gänzlich unspannend!
P.S.: Wer sich jetzt noch für die Setlisten der einzelnen Bands interessiert, der konsultiert bitte das sehr lebendige Festival-Forum (direkter Link: http://www.sacredmetal.de/board/viewtopic.php?f=11&t=12370&sid=5bdf6d14fe8394a02c6b41032f50aa27).
Mario Karl
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