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Info
Zeit: April 2012
Stil: Sludge/Doom Metal
Internet:
http://www.blackshapeofnexus.com
http://www.facebook.com/blackshapeofnexus
Tiefer als der tiefste Brunnen, dunkler als die schwärzeste Nacht und um ein Vielfaches dreckiger als die Schmuddelrocker und Sludge-Metaller, die dieses Adjektiv allzu gerne für sich gepachtet haben - das sind Black Shape of Nexus (kurz B.SON). Mit Negative Black haben die Mannheimer Doom-Metaller einen gar vorzüglichen Hassbatzen geboren, der einen, während er noch wohlig in der Magengegend kribbelt, mit aller Langsamkeit genüsslich in den Boden walzt. Das Sextett weiß wie man intensive und niederschmetternde Stimmungen erschafft. In Sachen Konsequenz stehen B.SON dabei einer Band wie Neurosis kaum nach, obwohl sie stilistisch etwas anders gelagert sind. Negative Black ist ein Album, welches man nicht mit dem Kopf, sondern vor allem mit dem Bauch aufnimmt. Man muss es fühlen, um es verstehen zu können. MAS zerrte Keyboarder Jan Wolf und zum Schluss auch Sänger Malte Seidel vor das Aufnahmegerät, um mehr über die Band und ihr neues Album zu erfahren.
Die schwierigste Aufgabe zuerst: Beschreibe das Wesen von Black Shape of Nexus in fünf Worten.
Jan: Sechsköpfig, spannungsgeladen, wandelbar, kathartisch und augenzwinkernd.
Negative Black klingt eindeutig wie das Produkt einer Metalband. Wie ich in meiner Rezi geschrieben habe, aber nach einer die hörbar nicht in einem Metalumfeld musikalisch sozialisiert wurde - von der Attitüde eher Punk/Hardcore. Liege ich mit dieser Vermutung richtig?
Jan: Du vermutest richtig, dass der größte Teil der Band neben Heavy Metal musikalisch mit Punk/ Hardcore aufwuchs. Denke das ist auf Platte sowohl hörbar, als auch optisch wahrnehmbar. Zumindest trägt von uns keiner eine Kutte auf nacktem Bierbauch. (lacht) Eine enge Szenezugehörigkeit sehe ich persönlich nicht und erlebe es sogar als äußerst angenehm, dass zu unseren Konzerten eine bunte Mischung aus Leuten aus der Hardore/Punk-Ecke, Stonerrock-Hippies, Kuttenträgern, Röhrenjeans-Hipstern und alten Säcken vor Ort ist. Ist doch egal welche Maske jemand nach außen trägt. Solange keiner sich rassistisch, sexistisch oder homophob äußert oder verhält, ist jeder willkommen. Die Mischung macht es spannend und schließlich will B.SON ja auch keine true Band für irgendwelche elitären Zirkel sein.
Eure Plattenfirma Exile on Mainstream hebt das „Do it yourself-Verständnis“ besonders hervor. DIY kommt ja ursprünglich auch aus dem Punkbereich und wurde aus der Not heraus geboren, da es Untergrundmusik war, die niemand finanzieren wollte, weil sie kein Geld abwarf. Aufgrund der einfachen technischen Möglichkeiten heutzutage ist das eher Normalität, wird aber von vielen als Image-Merkmal auf der Brust getragen. Wie stehst Du zu diesem Begriff?
Jan: DIY dient meiner Meinung nach heute nur als Etikett mit wenig Inhalt. Wie Du schon richtig schreibst, besteht die „Not“ selbst tätig zu werden heute nicht mehr wirklich. Jeder kann heute Musik machen, aufnehmen und verbreiten. Es gibt zig Labels für jede Sparte an Musik, die Verbreitung von Musik via Internet macht ein Label zum Teil sogar obsolet. Für uns bedeutet DIY daher eher, viel selbst machen, um möglichst viel Kontrolle über Sound, Verbreitung und Vermarktung unserer Musik zu behalten. So nahmen wir die Songs des Albums dank unserem Gitarristen Ralf selbst im Proberaum auf und mischten die Songs selbst. Mastering übernahm Role von der Tonmeisterei, dem wir hier auch vollends vertrauten, dass er unsere Soundvorstellungen teilt. Weiterhin achten wir darauf, welchen Fanzines/Magazinen wir Interviews geben, welche Vertriebe/Mailorder unsere Platte vertreiben und in welchem Kontext wir live spielen. Von uns hat keiner Bock darauf in einer Mailorderliste nach Absurd unter „B“ gelistet zu werden.
Vier Jahre soll das Album in Entwicklung gewesen sein. Eine ziemlich lange Zeit. Was war los in den letzten Jahren in der Band? Dass ihr mit Stefan einen neuen Bassisten integrieren musstest, bekam man noch mit. Ansonsten, einfach „das Leben“?
Jan: Denke „das Leben“ trifft es ganz gut. Jeder in der Band hat noch zig andere Sachen am Hut (Studium, Ausbildung, Job), so dass die Band eher Hobbystatus hat. Persönlich finde ich das sehr entspannend und vier Jahre sind auch keine lange Zeit für die Entstehung von 80 Minuten Musik - vielleicht sogar passend zum Tempo der Musik. Ich bin sehr froh darüber, dass Exile on Mainstream uns die Entstehungszeit ohne Druck zugestanden haben und wir nicht eine der unzähligen Bands im Hamsterrädchen sein müssen, die in Knebelverträgen mit 250 Shows pro Jahr, jedes Jahr neues Studioalbum, etc. gefangen ist. Musik sollte aus innerem Bedürfnis, statt äußerem Zwang entstehen.
Wie viel (künstlerischen) Anspruch stellt ihr an Euch selbst und eure Musik, bevor ihr Euch an neue Arbeiten macht?
Jan: Es gibt da keinen Masterplan. Es muss sich halt zum Schluss passend anfühlen.
Gibt es bei B.SON eine Art klassisches Songwriting oder entstehen die Titel eher im Proberaum beim gemeinsamen Probieren, wenn jemand ein cooles Riff oder einen Rhythmus in die Runde wirft? Nach Reißbrett klingt die Musik auf Negative Black jedenfalls nicht, eher noch als sei teilweise während der Aufnahmen noch improvisiert worden.
Jan: Grundideen bestehen meist schon vorab, die dann eben bei gemeinsamen Proben durch alle Beteiligten differenziert, verworfen, umgebastelt und ergänzt werden, bis zum Schluss eben der Song entsteht, wie er auf Tonträger festgehalten ist. Obwohl auch der Tonträger oft nur einen Zwischenstand dokumentiert, da bei vielen Songs, gerade live, auch improvisiert wird bzw. auch absichtlich Einzelheiten anders gespielt werden. Der Tonträger ist also bestenfalls eine Momentaufnahme.
Apropos live: Ihr habt auch schon feine Festivals wie das Doom Shall Rise oder das Roadburn bespielt. Aber wo findest Du, kommt ihr besser rüber, bei Einzelshows mit eigenem Publikum oder gemischten Festivals?
Jan: Beides hat seinen Reiz. Live spielen macht für mich nur Sinn, um eine Reaktion des Publikums auf die Musik zu bekommen und gemeinsam mit dem Publikum einen emotionalen Synergieeffekt zu erfahren. Vielleicht im Sinne von einer Summe größer als ihre einzelnen Teile. Dies klappt immer mal wieder bei Konzerten, wobei ich das nicht an einen bestimmten Kontext - Einzelshow vs. Festival - gebunden sehe, sondern eher daran, ob das Publikum und wir uns gehen lassen können.
Ich finde eure Musik klingt ziemlich niederschmetternd und deprimierend, aber auch sehr intensiv. Du selbst hast bereits das Adjektiv „kathartisch“ in den Raum geworfen. Wie seht ihr euch selbst und muss man sich vorher in eine bestimmte Stimmung versetzen, damit man so ans Werk geht? Kann mir gut vorstellen, dass es sehr befreiend ist, wenn man zwei Stunden auf diese Art lärmt.
Jan: Wie schon oben beschrieben können wir das Privileg genießen, Musik als Ausdruck zu erleben statt einer Pflichterfüllung nachkommen zu müssen. Daher hat die Musik für jeden Einzelnen von uns durchweg emotionale Qualitäten, die sicherlich durchaus unterschiedlich gelagert sind. Passt die Gesamtstimmung im Raum, hat eine Probe oder ein Konzert daher für mich persönlich durchaus kathartische Wirkung.
Negative Black, der Titel hat schon was von einer Doppelverneinung, auch wenn er bestens zum B.SON-Sound passt. Eine tiefere Bedeutung steckt aber wohl nicht dahinter, oder?
Jan: Der Titel spiegelt in meinen Augen die innere Spannung und die Dialektik der Songs ganz gut wieder. Vielleicht sind wir aber doch auch einfach nur eine verkappte Metalband und wollten Metallica mal zeigen, wie ein Album mit „Black“ im Titel wirklich zu klingen hat. (lacht)
Diskografie
Black Shape of Nexus / Crowskin (Split, 2008)
Mircobane Meetings (2008)
Mannheim (Livealbum, 2010)
Kodiak / Black Shape of Nexus (Split, 2010)
Negative Black (2012)
Jan: Ein Titel sollte bestenfalls eine extrem verkürzte Zusammenfassung eines Textes sein bzw. thematisch auf den Text vorbereiten. Meiner Meinung nach eine sehr schwer lösbare Aufgabe, zumal ich Maltes Texte sehr vielschichtig finde. Letztlich geht es daher für B.SON nur um eine Betitelung von Songs zur Erleichterung der Kommunikation über einen Song, womit Namen für die Songs wirklich nebensächlich werden.
Malte, sind in diesem Zusammenhang die Texte auch eher Nebensache und Mittel zum Zweck um dem maschinell harten Sound auch eine emotional menschliche Komponente zu geben? Oder stecken doch gewisse Aussagen darin? Einfach zu verstehen sind sie jedenfalls nicht wirklich, wenn man sie sich durchliest.
Malte: Gezielt um eine menschliche Komponente geht es nicht, zumal der Sound alles andere als maschinell hart ist. Die Texte ergeben zwar Sinn, Vorrang hat allerdings der Ausdruck mit dem diese vorgetragen werden. Ich halte die Texte jedenfalls nicht für relevant oder wichtig genug, dass diese in der Platte abgedruckt werden müssten. Genauso wie bei den anderen Instrumenten sind Abweichungen auf der Bühne ohnehin keine Seltenheit. Mitsingen is’ also nicht!
Unerfüllte Wünsche, Ziele, Erwartungen für die Zukunft der Band - gibt es so etwas bei B.SON oder spielt ihr einfach für euch drauflos, ganz nach dem Motto „es kommt was kommt, wenn nicht, auch egal“.
Malte: Es stimmt beides. Für die kommenden Werke haben wir uns „Spaß“ vorgenommen, was angesichts unserer Musik möglicherweise etwas pervers klingt. Wenn es ein Ziel gibt, dann sicher diesen einen weiteren Schritt in unserer jeweils persönlichen Entwicklung zu nehmen.
Mario Karl
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